Rassismus-Studie Polizei Berlin: Innensenatorin sauer
Bei einer Aussprache über die Polizei-Rassismusstudie gerät Iris Spranger (SPD) besonders gegen den Linkenpolitiker Ferat Kocak (Linke) in Rage.
Die Untersuchung war unter Federführung der Soziologin Christiane Howe erfolgt. Am Montag stellte diese eine Zusammenfassung im Innenausschuss vor. Das Problem ist: Aus den 141 Seiten kann sich jeder seinen eigenen Reim machen.
Fast alle sind zufrieden
FDP und CDU lesen heraus, dass es bei der Berliner Polizei kein strukturelles Rassismusproblem gibt, und sehen das als Bestätigung, weil sie das schon immer gesagt haben.
Grüne und Linke wiederum sind zufrieden, weil Howe und ihre Leute von einem Alltagsrassismus in unserer Gesellschaft ausgehen, in den alle und somit auch die Polizei eingebunden sind. Nur dass die Polizei als Behörde mit dem Gewaltmonopol eine noch größere Verantwortung hat, sich dem zu stellen. „Wenn wir von strukturellem Rassismus reden, meinen wir genau das“, sagte die Grünen Abgeordnete Tuba Bozkurt am Montag.
Irgendwann im Lauf der Diskussion ergriff auch der Linken-Abgeordnete Ferat Kocak das Wort. Kocak gehört zu den Opfern der rechtsextremistischen Anschlagsserie in Neukölln, bei deren Aufklärung die Polizei – vorsichtig gesagt – geschlampt hat.
Kocak wird seither nicht müde zu beklagen, dass die Polizei ein rechtsextremistisches Problem habe. Der Linken-Politiker war auch derjenige, der unlängst einen Filmmitschnitt von einem übergriffigen Polizeieinsatz in der Wohnung eines syrischen Ehepaars ins Netz gestellt hatte. Sogar Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) hatte das Video mit den Worten kommentiert, der darin gezeigte Beamte verhalte sich „fremdenfeindlich“. So einen Polizeibeamten, so Akmann wörtlich „wollen wir nicht“.
All das mag am Montag zu dem emotionalen Ausbruch der Innensenatorin beigetragen haben. Kocak selbst hatte zuvor lediglich sachlich festgestellt: „Ich finde, dass die Studie deutlich macht, dass es bei der Polizei ein Riesenrassismusproblem gibt.“
Die rot lackierte Rechte um die Lautsprecherbox gekrallt, mit der Linken aufgebracht wedelnd, brach Spranger eine Lanze für die Sicherheitskräfte. „Ich bin sauer“ rief sie, „wenn die Kollegen angriffen werden und dann immer von Rassismus die Rede ist“. Der größte Teil der Kollegen bei Polizei und Feuerwehr arbeite „sehr, sehr ordentlich, um das ganz deutlich hier zu sagen“. Und – als einige Abgeordnete Beifall klatschten: „Da könnte meine Koalition auch mal mitklatschen und nicht nur die Opposition, darüber bin ich auch entsetzt“. Mit Blick auf das von Kocak veröffentliche Video sagte sie: Ein einzelner Ausschnitt lasse keine Bewertung eines Gesamteinsatzes zu.
Kocaks Äußerungen seien kein Grund, „bei einigen die Sicherung durchbrennen zu lassen“, befand dessen Parteifreund Niklas Schrader im Ausschuss. Es gehe nicht um einen pauschalen Rassismusvorwurf, sondern um rassistische Vorfälle durch Polizisten, die leider immer wieder vorkämen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“