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Rapstar Bobi Wine wieder zurückUganda begrüßt seinen Helden

Der Oppositionelle Bobi Wine kehrt von Folter gezeichnet nach Uganda zurück. Der Staat schafft es nicht, ihn von den Menschen fernzuhalten.

Vom Autodach richtet der erschöpfte Bobi Wine ein paar Worte an die Fans vor seinem Haus Foto: Simone Schlindwein

Kampala taz | Seit dem frühen Morgen stehen an der 40 Kilometer langen Strecke von Ugandas internationalem Flughafen Entebbe in die Hauptstadt Kampala Polizeilaster, Wasserwerfer und Einheiten der Armee. Soldaten patrouillieren die Straßen. Der Flughafen ist weiträumig abgeriegelt. Weder Journalisten noch Taxis dürfen passieren.

In Kampalas Vorstadtbezirk Magere haben sich gleichzeitig fast 100 Menschen vor dem Haus des Rapstars Bobi Wine versammelt, Idol der ugandischen Jugend und jüngster Parlamentarier des Landes. Die meisten tragen die für Ugandas Opposition typischen Outfits: rote Mützen und rote T-Shirts mit der Aufschrift „FreeBobiWine“. Viele sind betrunken. „Our Power – People’s Power“ schreien sie im Chor. Einige singen Raptexte des Musikstars.

„Wir haben von diesem alten Mann die Schnauze voll“, erklärt Motorradtaxifahrer Hakim Kiiza, der extra aus Entebbe gekommen ist, um seinen „Präsidenten“ zu begrüßen. Mit dem „alten Mann“ meint er Ugandas 74-jährigen Präsidenten Yoweri Museveni. Bobi Wine ist 36. Seine Anhänger nennen ihn „Getto-Präsident“.

Schwer verletzt war Bobi Wine, der eigentlich Robert Kyagulanyi heißt, vor zwei Wochen aus Uganda in die USA ausgeflogen worden. Er war im August verhaftet und brutal gefoltert worden. Vor wenigen Tagen hatte er offiziell seine Heimkehr angekündigt, um weiter „für Freiheit zu kämpfen“.

Ugandas Regierung war höchst alarmiert. Die Polizei verbot jede Versammlung und Demonstration. Polizeisprecher Emilian Kayima kündigte an, dass Sicherheitskräfte Bobi Wine vom Flughafen direkt nach Hause begleiten würden.

Beim Umsteigen in Nairobi am Donnerstagmittag twittert er: „Ich bin ein freier Ugander mit dem Recht, mich in meinem Land frei zu bewegen.“ Als er endlich in Entebbe landet, wird Bobi Wine aber abgeführt und in ein Auto gesetzt, noch bevor er den Immigrationsschalter erreicht und seinen Pass vorzeigen kann.

Es dauert, bis Bobi Wine aussteigen kann. Die Polizei hat ihm seine Krücke weggenommen

Ein Polizeikonvoi eskortiert das Fahrzeug nach Kampala. Aber das hält die Menschen nicht auf, die auf sozialen Medien alles live mitverfolgen.

Zu Tausenden strömen sie in den Garten

Als der Konvoi voller bewaffneter Polizisten Bobi Wines Wohnviertel erreicht, hasten bereits Hunderte seiner Fans auf Motorrädern hinter den Polizisten her. Vor dem großen Eingangstor seines Hauses macht der Konvoi halt. Wine sitzt mit drei Polizisten in einem weißen UN-Geländewagen. Es dauert lange, bis die Polizei ihm erlaubt, auszusteigen.

Das Problem: Die Polizisten haben ihm am Flughafen seinen Holzstock weggenommen, den er als Krücke benutzt, da er nach der Folter immer noch nicht gut laufen kann. Die Polizisten können seinen Stock nun nicht finden.

Unterdessen strömen seine Anhänger zu Tausenden in den großen Garten seines zweistöckigen Hauses. Das Auto kann nur langsam einfahren. Als der Krückstock endlich gefunden wird und Wine unter Schmerzen aus dem Auto steigt, heben ihn seine Fans hoch.

Tief gerührt steht er auf dem Autodach. Seine Fans schreien und jubeln. Erst nach zehn Minuten schafft er es, durch die Massen hindurch bis zu seiner Haustür zu humpeln.

Im Wohnzimmer begrüßen ihn seine drei Kinder. Komplett erschöpft, den Tränen nahe, sitzt er mit ihnen auf der Couch, die beiden Söhne im Arm, die Tochter tanzt vor ihm umher.

„Ich war mir nicht sicher, ob ich es heute nach Hause schaffe“, erklärt Wine. Er sieht sehr erschöpft aus. „So viele unverschämte Polizisten haben mich aus dem Flugzeug gezerrt, mir meinen Pass weggenommen und ich habe ihn bis jetzt nicht wiederbekommen“, sagt er. „Ich bin aber wirklich froh, jetzt endlich zu Hause zu sein.“

Auf die Frage, ob er weiterkämpfen wird, wird seine Stimme dann doch noch laut. „Ich bin zurückgekehrt, um genau da weiterzumachen, wo ich aufgehört habe“, versichert er. „Wir brauchen Freiheit. Oder wir müssen zumindest sterben, indem wir es versuchen.“

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