piwik no script img

Rapsöl: Energieträger mit Zukunft

■ Das DIW untersuchte die Potentiale von Raps als Energieträger. Fazit: spart Kohlendioxid und schafft Arbeitsplätze

Biomasse läßt sich nicht nur in fester Form oder als Gas nutzen, sondern auch als flüssiger Brenn- und Treibstoff. „Die Bemühungen, nachwachsende Rohstoffe in flüssige Energieträger umzuwandeln, konzentriert sich in Deutschland aufgrund des vergleichsweise hohen Ölgehalts vor allem auf die Ölfrucht Raps“, heißt in einem Bericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Im Bereich chemisch-technischer Verwendungen hätten Öle auf Rapsbasis „ihre Alltagstauglichkeit bereits in der Praxis bewiesen und sich auf dem Markt durchgesetzt“. Nach Berechnungen der Wissenschaftler könnte die CO2- Emmission durch „Mobilisierung des energetischen Substitutionspotentials von Rapsöl und seiner Derivate“ bis zum Jahr 2005 um 3,5 bis 4,5 Millionen Tonnen gesenkt werden. Bis zum Jahr 2020 ließen sich gar 5,7 bis 7,2 Millionen Tonnen des Treibhausgases sparen.

Zu den Saaten und Früchten, aus denen neben Nahrungsmittel, Seifen und Kosmetika auch Motorentreibstoffe hergestellt werden können, zählen neben Raps auch Sojabohnen, Baumwollsaat, Sonnenblumenkerne, Erdnüsse, Palmkerne, Leinsamen, Sesam und Rizinus. In Europa jedoch habe sich Raps mit einem Ölgehalt von 40 bis 45 Prozent als der „geeignetste pflanzliche Lieferant für flüssige Brennstoffe und als Ersatz für konventionelle Dieselkraftstoffe erwiesen“. Rapsöl könne dem Bericht zufolge in reiner Form als chemisch unverändertes, aber gereinigtes Pflanzenöl, als Zumischung zum herkömmlichen Dieselkraftstoff („Bionol“, „Tessol“) oder in Form eines Derivates als Rapsölmethylester (RME, „Biodiesel“) eingesetzt werden. Die „reine“ Form eigne sich „in speziell angepaßten Pflanzenölmotoren wie dem Elsbett-Motor, die sich bereits in der Praxis in Schleppern, Traktoren, Lkws, Stromerzeugungsaggregaten und Blockheizkraftwerken bewährt haben“. Biodiesel werde über Mineralöl-Handelsunternehmen, landwirtschaftliche Genossenschaften und den Landhandel inzwischen bundesweit angeboten. Konkurrenzfähig sei das Produkt bislang allerdings nur aufgrund einer Befreiung von der Mineralölsteuer. Zwar sei, so das DIW, die „ökologische Bewertung noch nicht eindeutig geklärt“, doch wurden 1996 bereits 60.000 Tonnen RME abgesetzt. Drei Jahre zuvor, bei seiner Markteinführung, waren es gerade mal 5.000 Tonnen, für 1997 wird damit gerechnet, daß 100.000 Tonnen verkauft wurden. An den rund 18.000 Tankstellen Deutschlands gebe es bereits 800 Biodiesel-Zapfsäulen.

Die deutsche Landwirtschaft habe 1995 auf 331.000 Hektar stillgelegter Flächen Raps angebaut, der nicht für Nahrungsmittel verwendet (Non-Food-Raps) und in 12 zentralen und „rund 80 erzeugernahen dezentralen Ölmühlen zu Rapsöl verarbeitet wurde“. Da sich Food- und Non-Food-Raps „hinsichtlich der geforderten Qualität und Ertragskraft“ nicht voneinander unterscheiden, stünden beide „in direkter Konkurrenz zueinander“. Allein der am Markt erzielbare Preis entscheide über die Verwendung, abhängig auch von der Subventionspolitik der EU, die aber „traditionell den Food-Sektor“ begünstige. Die Ausweitung der Anbauflächen für Raps sei innerhalb der EU jedoch – politisch – begrenzt.

Fazit des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung: „Das Potential für eine erhebliche Ausweitung der Anbaufläche in Deutschland ist gegeben“ und sei „sowohl energie- und umweltpolitisch als auch agrarpolitisch vertretbar“. Die Getreideüberschüsse in der EU würden aufgrund von Flächenstillegungen abgebaut sowie dem „voraussichtlich steigenden Importbedarf der EU bei Ölsaaten Einhalt geboten“. Angesichts des „vermutlich weltweit zunehmenden Pflanzenölbedarfs“ sei nicht zu befürchten, daß eine „mit anderen Agrarprodukten vergleichbare Überschußsituation“ entstehe, resümieren die Wissenschaftler. Bringe man Produktion und Absatz von Rapsöl und seinen Derivaten als nachwachsenden Rohstoff für Chemie, Technik und als Motorentreibstoff voran, könnten diese Produkte mittel- bis langfristig wettbewerbsfähig sein. Voraussetzung: die „Einbettung der Energie-Rapsnutzung in eine umfassende Strategie der zunehmenden Nutzung heimischer Energieträger“, was sich in einem europäischen Förderprogramm für nachwachsende Rohstoffe niederschlagen sollte. Dann könne die „Option Energieraps“ dazu beitragen, die Abhängigkeit von Importen fossiler Energieträger zu verringern, die energie- und umweltpolitischen Ziele von Bundesregierung und EU zu verwirklichen und „nicht zuletzt Arbeitsplätze im Agrarsektor sichern“. alo

„Energie aus Raps: Eine aussichtsreiche Option?“ Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Wochenbericht 28/98. Bezug: DIW, Königin-Luise-Str. 5, 14195 Berlin, 15 DM plus Versandkosten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen