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Rapper Sido und VerschwörungenDaran müssen Kinder nicht glauben

Sido und Johannes Oerding haben es mit dem Song „Pyramiden“ auf das Cover des LehrerInnenmagazins „Pop in der Grundschule“ geschafft. Ein Unding.

Empfänglich für Verschwörungsfantasien: Rapstar Sido Foto: Michael Sohn/ap

Deutschrap treibt mitunter hässliche Blüten. Nicht nur, weil das Genre im globalen Vergleich auf musikalisch läppischem Mittelmaß-Niveau dem state of the art hinterhinkt. Auch was die Texte angeht, häuften sich zuletzt misogyne und antisemitische Reime, gleichzeitig nervte die selbstzufriedene Authentizität.

Dieses dumpf-deutsche Moment zeigt sich auch an Verschwörungstheorien, die sich in der Coronakrise ungehindert im Mainstream ausbreiten: Der Berliner Rapstar Sido, bürgerlich Paul Hartmut Würdig, hat erst kürzlich in einem Interview vor dem „Merkel-Regime“ gewarnt und bekundet, „die großen Medien sind alle unterwandert“.

Umso erstaunlicher wirkt da, dass der 39-jährige Künstler und sein weltanschaulicher Giftmüll es auf den Titel der bei Lehrer:Innen beliebten Zeitschrift Pop in der Grundschule gebracht hat. Anlass ist seine Kollaboration „Pyramiden“ mit dem Komponisten Johannes Oerding. „Ganz viel Optimismus“ versprühe „der aktuelle Hit“, heißt es in der Zeitschrift, die vom Lutgert Verlag publiziert wird, der laut Homepage „Begeisterung für Musik“ entfachen will.

„Wir gehen nicht schlafen, sind im Wahn, bauen monumentale Gebäude / Wir ritzen Namen in Bäume, malen Initia­len an Zäune“, heißt es im Text von „Pyramiden“, während der Schlagerpopsound mit Presslufthammer mörtelt. Sollen Kinder dadurch frohgestimmter werden?

Ein bisschen Homeschooling hilft: Verschwörungstheoretiker bringen Pyramiden stets mit den Illuminaten in Verbindung. Für jene sind die dreieckigen Gebäude seit dem 18. Jahrhundert Symbol einer göttlichen Macht. Einem „Auge der Vorsehung“, das stets von einem Dreieck umgeben ist. „Wir müssen nur daran glauben“, heißt es im Refrain des Songs. Vielleicht besser nicht.

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7 Kommentare

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  • Ich stolpere vom taz Artikel "Unsere Branche versagt" auf diesen hier. Liebe taz, ihr müsst das Versagen mit solch schlecht recherchierten, undifferenzierten und oberflächlichen Artikeln nicht noch bestätigen. Steigt lieber in die andere Schale der Waage und beweist das Gegenteil!

  • Dass ein Kulturredakteur so einen raunenden Unsinn aufgrund des Wortes "Pyramiden" von sich gibt, ist hanebüchen. - Was Sido auch gesagt hatte (inzwischen ist er ja zurückgerudert) - dieser Text ist völlig VT-frei.

    • @Berrybell:

      Aber bezüglich der schlechten Qualität der Musik, sind wir uns einig, oder?

  • "Deutschrap treibt mitunter hässliche Blüten. Nicht nur, weil das Genre im globalen Vergleich auf musikalisch läppischem Mittelmaß-Niveau dem state of the art hinterhinkt."

    hier offenbart der verfasser seine unkenntnis über das genre und entlarvt sich selbst als ein sogenanter hater.



    gibt es eigendlich sowas wie eine messlatte für qualität? wo finde ich diese? würde mich interessieren wie so ein vergleich zu stande kommt-wo man doch weiss, dass geschmäcker unterschiedlich sind.

    "Auch was die Texte angeht, häuften sich zuletzt misogyne und antisemitische Reime,"

    auch das ist falsch. die häufung von misogynen texten gibt es seit ende der 90. jahre. der autor scheint suggerieren zu wollen, dass dies ein deutsches phänomen ist. was totaler mumpitz ist. der frauenfeindliche tenor in den die im rap weit verbreitete toxische männlichkeit einstimmt ist eng verknüft mit dem profanen sexismus, der weltweit zum mainstream gehört.

    was die häufung von antisemitischen aussagen betrifft - ja, da sind so n paar sachen an den mainstream gedrungen. auch der sogenanntw underground(ggnteil vom mainstream) liefert schon immer textlichen schmutz erster güte ab. youtube sei dank ist die quantität überragend(man beachte die ironie hierunda)

    ich erkenne ebenso eine beunruhigende tendenz zu antisemitischen aussagen im deutschrap. allerdings ist die " häufung" dieser nicht zu vergleichen mit dem mysogynen standart im rap als internationles phänomen an sich. antisemitismus in der rapszene bedarf einer konkreteren analyse.

    es scheint eher so als würde der autor hier einfach nur eine "deutsch rap ist böse" polemik zu bemühen.

    wirkt leider wie ein undefferenziertes geschwaffel eines kulturbanausen.

    "gleichzeitig nervte die selbstzufriedene Authentizität."

    wieso nervte? sind hier die offensichtlich schlecht begründeten aversionen überwunden?

    und was ist in dem kontext eine selbstzufriedene authentizität?

    achso ..

    deutschrap ist böse narzistisch und qualitativ minderwertig

    • @wompastomp:

      Die Produzenten der Beats sind im internationalen Vergleich (Beispiel USA) sogar überzeugend gut. Vom Rapstil hat das ganze seit den 90ern aber durchaus abgebaut. Alles sehr gleich oft außerhalb des Takts und einfach wie beim Verkehrsschilderrap.

  • "Verschwörungstheoretiker bringen Pyramiden stets mit den Illuminaten in Verbindung."

    Muahaha... Ihnen fiel beim Schreiben des Satzes echt nix auf, Herr Weber?



    Davon abgesehen, gehört Sido natürlich nicht in die Grundschule - höchstens zum Nachschulen.