Ramadi nach der Eroberung durch den IS: „Wir müssen mehr tun“

Etwa 25.000 Menschen fliehen vor der islamistischen Miliz. Die UN bemüht sich, den Flüchtlingen zu helfen. Der IS versucht, weitere Orte unter seine Kontrolle zu bringen.

Viele schlafen im Freien: geflüchtete Familien aus Ramadi. Bild: ap

BAGDAD dpa/ap | Nach der Eroberung der westirakischen Stadt Ramadi durch Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sind nach UN-Angaben knapp 25.000 Menschen auf der Flucht. Die meisten von ihnen versuchten, in die Hauptstadt Bagdad zu gelangen, teilte die Regionalstelle des UN-Nothilfebüros (Ocha) im Irak am Montag mit. UN-Organisationen bemühten sich, den Flüchtlingen zu helfen.

Die Behörden im Irak hatten zuvor von 7.000 Menschen gesprochen, die seit Freitag vor der Gewalt in der Region geflohen waren. IS-Kämpfer hatten das rund 110 Kilometer westlich von Bagdad gelegene Ramadi am Wochenende nach heftigen Kämpfen unter Kontrolle gebracht. Dabei kamen seit Freitag rund 600 Menschen ums Leben, darunter Frauen und Kinder, wie der Vize-Vorsitzende des Provinzrates, Falich al-Issawi, sagte. Mit einer Offensive und dem umstrittenen Einsatz schiitischer Milizen will Iraks Regierung die Hauptstadt der Provinz Al-Anbar befreien.

„Derzeit ist nichts wichtiger, als den Flüchtlingen aus Ramadi zu helfen. Sie sind in großen Schwierigkeiten, und wir müssen alles Menschenmögliche tun, um ihnen zu helfen“, sagte UN-Hilfskoordinatorin Lise Grande. „Tausende Menschen müssen unter freiem Himmel übernachten.“ Ein Problem für die Helfer ist die ungesicherte Finanzierung. „Aber diese Menschen im Stich zu lassen, ist undenkbar. Wir müssen mehr tun“, sagte Grande. Wie das UN-Büro weiter mitteilte, sollten in einem ersten Schritt Tausende Notrationen mit Trinkwasser und Hygieneartikeln zu den Flüchtlingen gebracht werden.

Der Einsatz schiitischer Kämpfer zur Befreiung der Stadt ist höchst umstritten, da in der Provinz Sunniten leben. Die Milizen hatten im März auch die Befreiung der ebenfalls vor allem von Sunniten bewohnten Stadt Tikrit aus den Händen des IS angeführt. Anschließend gab es Berichte über Plünderungen und Übergriffe von Schiiten auf Sunniten. Iraks Sunniten sehen sich seit langem von der schiitischen Mehrheit diskriminiert.

Angst vor Einflussnahme des Iran

Sunnitische Stämme in Al-Anbar lehnten einen Einsatz der Milizen in ihrer Provinz lange ab. Nach dem weiteren IS-Vormarsch gaben sie ihren Widerstand jedoch auf. Kritiker befürchten, durch den Einsatz der eng mit dem ebenfalls schiitischen Iran verbundenen Milizen könnte Teheran seinen Einfluss im Irak ausbauen.

Der IS beherrscht nun fast die gesamte Provinz Al-Anbar. Nach der Eroberung der Ramadis wurde ein weiterer Ort angegriffen. Sunnitische Kämpfer hätten die Attacke auf die Stadt Chalidija jedoch zurückgeschlagen, sagte Stammesführer Scheich Rafie al-Fahdawi am Dienstag. Der IS habe lediglich ein kleines Dorf in der Nähe erobert. Nach Angaben al-Fahdawis gab es keine Toten oder Verletzten in den Gefechten.

Chalidija liegt zwischen Ramadi und Falludscha, das die Terrormiliz bereits Ende 2013 in ihre Gewalt brachte. Die Offensive auf Chalidija begann den Angaben zufolge in der Nacht zu Dienstag. Die irakische Armee hatte im vergangenen Monat eine Offensive gestartet, mit der sie die Region eigentlich befreien wollte. Kritiker des irakischen Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi lasten dem Regierungschef die Niederlage in Ramadi an.

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