Ralf Sotscheck über Panama Papers und den britischen Premier: Glaubwürdigkeit geopfert
Gesetz und Moral sind nicht dasselbe. Manchmal ist unmoralisches Handeln gesetzwidrig, in vielen Fällen ist es das jedoch nicht. Was David Cameron getan hat, war zwar legal, aber für einen britischen Premierminister zwielichtig. Das wusste er selbst, deshalb hat er sich vier Tage lang gewunden wie ein Aal, bevor er schließlich die Karten auf den Tisch legte.
Spätestens seit der Finanzkrise schaut man den Reichen etwas genauer auf die Finger. Dass Politiker dazugehören, ist für die meisten Wähler kein Problem. Sie werden aber misstrauisch, wenn diese Politiker ihre Vermögensverhältnisse verheimlichen. Die sind eben nicht Privatsache, wie Cameron ursprünglich behauptet hat, denn er hat seine drastische Sparpolitik damit gerechtfertigt, dass alle im selben Boot sitzen.
Das klingt nun genauso hohl wie seine Kampfansage an Steuervermeider. Einerseits hat er nichts gegen die britischen Steueroasen in Übersee unternommen, andererseits hat er regelmäßig Konzerne und Prominente dafür angeprangert, dass sie ihr Geld dort anlegen. Das aber hat sein Vater Ian Cameron 30 Jahre lang getan, wenn auch nicht in einer britischen Steueroase, und Cameron Junior hat in Vaters Firma Blairmore Holdings investiert. In der Firmenbroschüre wirbt Blairmore sogar damit, dass britische Steuergesetze umgangen werden.
Der politische Schaden ist für Cameron immens. Er steht als Heuchler da. Es ist kein guter Zeitpunkt für ihn, seine Glaubwürdigkeit einzubüßen. Am 23. Juni stimmen die Briten darüber ab, ob sie in der Europäischen Union bleiben wollen. Laut Umfragen ist das Ergebnis ungewiss. Cameron kämpft für den Verbleib, aber ob seine Stimme jetzt noch so viel Gewicht wie vor der Panama-Enthüllung hat, ist zu bezweifeln.
Als Steuerzahler ist David Cameron unschuldig. Als Premierminister und oberster Gesetzesmacher ist er jedoch schuldig.
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