Rätseln um Comeback von Harry Styles: Schimmer im Staub
Nachdem der britische Musiker Harry Styles oft in Berlin gesichtet wurde, plant er offenbar einen Karriereschritt. Ob ihm die Stadt gut bekommen ist?
Wenn kreative Menschen längere Zeit in Berlin verbringen, kann das allerlei zur Folge haben: Manchen Weltstar inspirierte die Stadt zu Höchstleistungen – etwa den britischen Musiker David Bowie, der in den Kreuzberger Hansa Studios unter anderem sein Album „Heroes“ (1977) aufnahm. Anderen tat und tut die Stadt mit ihren scheinbar unerschöpflichen, legalen und illegalen Vergnügungsquellen nicht immer gut.
Was den britischen Popstar Harry Styles nach Berlin treiben könnte, war in den vergangenen drei Jahren regelmäßiger Teil der Berliner Lokalberichterstattung, manchmal sogar Gegenstand internationaler Pop-News. Seit seiner künstlerischen Emanzipation von der Boygroup One Direction operiert der 31-Jährige auf dem Niveau der derzeit Größten. Für seine genderfluiden Bühnenoutfits und seinen LGBTQ-Aktivismus wird er von einem diversen Publikum aber nicht nur leidenschaftlich angeschmachtet, sondern sogar geschätzt.
Seine drei Soloalben „Harry’s House“ (2022), „Fine Line“ (2019) und „Harry Styles“ (2017) sind in etlichen Ländern auf Platz 1 der Charts eingestiegen, sein nostalgischer Synthie-Pop-Hit „As it Was“ gilt dem US-Magazin Billboard als „Nummer-Eins-Song des Jahres 2022“.
Nur: Musikalisch blieb Styles seitdem unauffällig. Sehr zum Ärger seiner Fans, die mit ihren farbenfrohen Kostümen und ihrer Begeisterung für Styles’ Peace-and-Love-Botschaften leicht für moderne Hippies gehalten werden können, es aber nicht an investigativem Eifer vermissen lassen: In Berliner Cafés, Spätis und auch im notorischen Technoclub Berghain soll der Musiker 2025 gesichtet worden sein. Die Bild wollte im Frühjahr herausgefunden haben, dass Styles in der Hauptstadt eine Immobilie erworben hat, die britische Sensationsschleuder The Sun schrieb, er halte sich, ganz wie Bowie, in den Hansa Studios auf und arbeite an einem Album.
Höchstleistungen blieben sportlich
Gesichert blieb nur, dass der Sänger im September unter falschem Namen am Berlin-Marathon teilnahm. Hier hatten Fans nun Grund, nervös zu werden, denn: Dass Styles diese Disziplin in einer Spitzenzeit absolvierte, deutete darauf hin, dass er in Berlin anstatt auf musikalische Höchstleistungen eher auf eine klassische Ü30-Männlichkeitskrise hinsteuert.
Vergangenen Samstag änderte sich das: „Forever, Forever“ heißt ein Video, das der Künstler auf seinem Youtube-Kanal veröffentlichte und das seine Jünger*innen seitdem mit missionarischem Eifer beschäftigt. Zu sehen sind Momente des Abschlusskonzerts von Styles’ Welttournee 2023 im italienischen Reggio Emilia. Fans kampieren auf einer Wiese, unterhalten sich über ihre Ikone, tanzen, lachen. „L’ho scritto per lei“, sagt Styles auf der Bühne, „Ich habe das für euch geschrieben“, bevor er ein instrumentales Klavierstück anstimmt und sich dann dankend verabschiedet. Seitdem rätseln „Harries“: Comeback oder Abschied?
Beruhigen könnten sie sich in dem Wissen, dass Anfänge und Enden im gegenwärtigen Pop-Business kapitalistisch flexibel sind. Die kommerziell geniale Idee, kreative Veränderungen als Beginn einer je neuen Ära zu fassen, welche die Verkaufssaison für Tonträger, Merchandise und Tickets eröffnet, hat nicht erst die US-Sängerin Taylor Swift erfunden.
Verdient wurde an diesem Mann weiß Gott genug. Verdient haben sich nach drei Jahren Rätselraten aber auch seine Fans ein wenig Gewissheit. Ihnen bleibt zu wünschen, dass Harry Styles Berlin gut vertragen hat.
🏳️⚧️ SHANTAY. YOU PAY. 🏳️🌈
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme. Frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Alle Informationen auf unserer Webseite sind kostenlos verfügbar. Wer es sich aber leisten kann, darf einen kleinen Beitrag leisten. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!