Radwegeausbau in Berlin: Hätte, hätte, Fahrradwege
Die Bilanz beim Radwegeausbau in den ersten neun Monaten des Jahres fällt miserabel aus. Die Grünen machen dafür die Verkehrssenatorin verantwortlich.
Wie aus bislang unveröffentlichten Antworten der Senatsverkehrsverwaltung auf eine schriftliche Anfrage der Grünen-Abgeordneten Oda Hassepaß hervorgeht, sind bis Ende September gerade einmal 6,3 Kilometer neue Radwege im Verantwortungsbereich der Bezirke umgesetzt worden. Und ein Großteil aller Projekte werden nun mal im Rahmen des bezirklichen Radverkehrsprogramms realisiert.
„Das Versprechen der Koalition, mehr Radwege als die Vorgängerregierung zu bauen, erweist sich erneut als leeres Versprechen“, sagt Verkehrsexpertin Oda Hassepaß zur taz. Tatsächlich kamen die Bezirke im Vergleichszeitraum 2022 auf 12,1 Kilometer, zusammen mit den Projekten des Senats und der landeseigenen Infravelo GmbH wurden berlinweit 26,5 Kilometer fertiggestellt.
Angesichts der im Vorjahr angepeilten 40 Kilometer Gesamtlänge war schon das alles andere als rekordverdächtig. Im 1. Halbjahr 2022 galt allerdings auch eine quasi Haushaltssperre. Monatelang konnten keine Aufträge erteilt werden und keine Mittel abfließen – anders als in diesem Jahr. Warum trotzdem noch weniger umgesetzt wurde? Zumindest Hassepaß führt das auch auf den von Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) im Mai verhängten „temporären“ Stopp des Radwegeausbaus zurück.
„Überprüfung“ mit Folgen
Das legt auch ein Blick auf den Stand der Dinge bei den 16 Projekten nahe, die im Juli nach fast zwei Monaten „Überprüfung“ schließlich doch freigegeben wurden. Nur bei der Hauptstraße in Tempelhof-Schöneberg sowie der Schlesischen Straße, der Michaelbrücke und der Scharnweberstraße in Friedrichshain-Kreuzberg ist nach Angaben der Verkehrsverwaltung seither eine Vergabe der Bauleistungen erfolgt.
Bei einem halben Dutzend anderer Projekte soll das in diesem Winter oder irgendwann 2024 geschehen, alle anderen Vorhaben ruhen vorerst weiter. „Offenbar kommen diese Radwegeprojekte trotz Freigabe nur mit angezogener Handbremse voran, wenn überhaupt“, kritisiert Hassepaß.
Hinzu kommt: Die Stubenrauchstraße in Neukölln, die Roedernallee in Reinickendorf und die Blankenfelder Chaussee in Pankow hängen auch fast ein halbes Jahr nach Schreiners Moratorium in der Prüfschleife fest. „Es gibt noch keinen konkreten Zeitplan für die genannten Projekte“, heißt es von der Verkehrsverwaltung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid