Radschnellweg Ost-Route: Schnell am Tor vorbei
Die „Ost-Route“ kann kommen: Die Machbarkeitsuntersuchung für den 23 Kilometer-Radschnellweg ist fertig. Einen touristischen Hotspot umgeht er aber.
Eines der zentralen Projekte bei den geplanten zehn Radschnellwegen ist ein gutes Stück weitergekommen: Die landeseigene Planungsgesellschaft Infravelo GmbH hat das Ergebnis der Machbarkeitsuntersuchung für die Radschnellverbindung 9 – die „Ost-Route“ – vorgelegt. Jetzt können die weiteren Planungsabläufe für die 23 Kilometer lange Route beginnen, die vom S-Bahnhof Tiergarten zur Landesgrenze in Hönow führt.
Erste Bauarbeiten sollen 2024 beginnen, fertiggestellt wäre die Trasse erst 2026. Der Fußgängerverband FUSS e. V. begrüßte am Donnerstag, dass der Schnellweg nicht wie erst erwogen durchs Brandenburger Tor führt, sondern den Pariser Platz auf zwei Teilrouten umfährt.
„Bei Infravelo wächst offenbar das Bewusstsein, dass man die Fehler der autogerechten Stadt nicht für den Radverkehr wiederholen darf“, findet FUSS-Sprecher Roland Stimpel. „Es wäre ein Irrwitz gewesen, das Brandenburger Tor zwanzig Jahre nach seiner Rettung vor dem Autoverkehr erneut dem Fahrzeugverkehr zu opfern.“
Die Senatsverkehrsverwaltung hatte im Rahmen der Trassenuntersuchung mit 30.000 RadfahrerInnen gerechnet, die den touristisch stark genutzten Pariser Platz täglich kreuzen würden. Jetzt schreibt die Infravelo in ihrem Ergebnisbericht: „Am Brandenburger Tor soll der Fußverkehr auch weiterhin Vorrang genießen, deshalb wird eine Führung um das Brandenburger Tor bevorzugt.“
Das Berliner Mobilitätsgesetz sieht vor, dass bis 2030 mindestens 100 Kilometer „Radschnellverbindungen" entstehen, auf denen RadlerInnen sich zügig und mit Vorrang fortbewegen können. Die Projektsteuerung der in den vergangenen Jahren ermittelten zehn Trassen liegt bei der landeseigenen infraVelo GmbH. Mittlerweile sind bereits acht von zehn Machbarkeitsuntersuchungen abgeschlossen, es fehlen noch die beiden nordöstlichen Trassen „Mitte-Tegel-Spandau" und „Reinickendorf-Route". Der Bau der ersten Verbindungen wird nicht vor 2023 beginnen.
Die Schnellverbindung soll sich nun vom Tiergarten kommend auf dem Platz des 18. März aufspalten und sowohl nördlich über die Dorotheenstraße als auch südlich über die Behrenstraße führen. Über die Wilhelmstraße würden beide Teile dann wieder zusammengeführt.
Auch der ADFC Berlin begrüßt, dass der Platz für die Radschnellverbindung nicht den FußgängerInnen weggenommen wird. „Die Radschnellverbindung Ost kann das Brandenburger Tor aussparen“, so Sprecherin Lisa Feitsch, „das sollte allerdings kein Grund sein, Radfahren durch das Tor generell zu verbieten.“ Wer „flott von Ost nach West unterwegs“ sei, könne die Radschnellverbindung nehmen, „wer nur kurz durch möchte, fährt weiterhin langsam und rücksichtsvoll durchs Tor“.
Nicht durch den Park
Roland Stimpel von FUSS e. V. findet auch gut, dass die Trasse mit jeweils 3 Meter breiten Radwegen auf beiden Seiten der Straße des 17. Juni durch den Tiergarten verläuft. Ursprünglich hatte Infravelo in Betracht gezogen, die Route durch den Park zu führen, wo Konflikte mit Spaziergehenden zu erwarten gewesen wären. „Das ist nicht so idyllisch“, so Stimpel über die Straßenvariante, „aber es soll ja vor allem ein Schnellweg sein.“
Auf dem weiteren Verlauf der Ost-Route in Richtung Hönow spaltet sich die Trasse noch mehrmals auf, insbesondere rund um den Alexanderplatz. Hier verläuft ein Teil über die Karl-Liebknecht-Straße und die Alexanderstraße, der andere biegt in die Spandauer Straße ab und erreicht die Karl-Marx-Allee über die Grunerstraße.
„Beide Teilrouten ergänzen sich und bieten insgesamt eine attraktive Radverkehrsinfrastruktur“, schreibt die Infravelo, muss aber einräumen, dass sich auf beiden Strängen nur die Radweg-Mindestbreite gemäß Mobilitätsgesetz realisieren lässt, nicht aber die für Radschnellverbindungen vorgesehene Breite von 3 Metern im Ein-Richtungs-Verkehr und 4 Metern im Zwei-Richtungs-Verkehr.
Insgesamt würden auf der Ost-Route laut Infravelo die Qualitätsstandards für Radschnellverbindungen „stadteinwärts bei 83 Prozent und stadtauswärts bei 86 Prozent der Gesamtstrecke“ eingehalten. Sie lägen damit „über dem geforderten Standard von 80 Prozent“.
Nicht ganz glücklich ist der ADFC mit dem insgesamt eher schleppenden Tempo bei den Radschnellverbindungen. Dass man mit der Machbarkeitsuntersuchung der Ost-Route einen Schritt näher gekommen sei, findet Sprecherin Feitsch gut, ihr Verband fordere aber, bereits jetzt erste Teilstecken der geplanten Routen in Betrieb zu nehmen, „damit alle im Verkehr sicher und gut unterwegs sind“.
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