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Radiokommentar des Dortmund-Spiels„Leck mich anne Büchs“

Die vier Minuten Wahnsinn aus der Nachspielzeit von Dortmund gegen Málaga: Niemand hat sie so gut in Worte gefasst wie die Kommentatoren vom BVB Netradio.

Norbert Dickel (rechts) im Radioeinsatz, hier mir Boris Rupert im BVB-Traininglager 2012. Bild: imago/DeFodi

Einwurf. Schmelzer. Lewandowski jetzt, mit der Flanke, in die Mitte. Die kommt nicht schlecht. SCHIEBER! REUS! REUS! IN DIE MITTE! NUN MACH IHN REIN! TOR! TOR! TOR! TOR! TOR! TOR! TOOR! TOOOOR! TOOOOOOOOOR! TOOOOOOOR FÜR BORUSSIA DORTMUND! DREI ZU ZWEI! HIER RASTEN ALLE AUS!!! DER GANZE BVB IST AUFEM RASEN! ICH PACK ES JA NICHT! ICH PACK ES NICHT! DREI ZU ZWEI BORUSSIA DORTMUND!

Nach wie vor schwören viele Menschen darauf, dass die Radio-Livereportage die reinste, direkteste, emotionalste Form des Fußballjournalismus ist. Dafür sorgten Highlights wie etwa Herbert Zimmermanns unsterblicher Kommentar des WM-Finales 1954 („Aus dem Hintergrund müsste Rahn …“) oder die unfassbaren Ereignisse in den Schlusskonferenzen der 34. Bundesliga-Spieltage der Spielzeiten 1998/1999 („Wir melden uns vom Abgrund“) und 2000/01 („Ausgleich! Ausgleich! Olli Kahn ballt die Fäuste!“).

Am Dienstagabend gab es wieder so einen magischen Moment, zeigte sich wieder die ungebremste Wucht des gesprochenen und gebrüllten Wortes. Das lag natürlich auch am Geschehen auf dem Platz – Borussia Dortmund drehte das Champions-League-Viertelfinalrückspiel gegen Malaga in der Nachspielzeit –, aber mindestens genau so sehr an Norbert Dickel und Danny Fritz, den Kommentatoren des BVB Netradio.

Dickel, Borussia-Profi bis 1990 und seitdem unter anderem als Stadionsprecher und Fan-Beauftragter und weiter aufs Allerengste mit dem Verein verbunden, genießt als Fanradio-Kommentator ohnehin das, was man gemeinhin Kultstatus nennt. Komplett parteiisch zeigt er seine Emotionen so unverstellt wie ein Achtjähriger. Riesige Freude und ehrliche Enttäuschung bei Gegentoren wechseln sich ab – oder auch mal unendliche Fassungslosigkeit.

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Nobbi, jetzt muss n Wunder her, was? Ja. Wir machen noch was. Komm. Pisczu. Will in die Mitte spielen, aber der landet dann … bei einem … Schön gemacht jetzt. Julian Schieber. Nee, Mario Götze. Geht vorbei, am ersten, geht auf die Grund-, kann nochmal flanken, bringen den Ball zurück. Nuri Sahin, kommt nicht an den Ball, kommt weiter, Jungs, vier Minuten noch. Jetzt der lange Ball, in den Strafraum… Neven! Und jetzt TOR! TOR! TOR! TORTORTOR!

Die Wortwahl ist dabei so deutlich, wie es sich ein Drehbuchschreiber von Ruhrpott-Regionalkrimis nicht klischeehafter ausdenken könnte. „Bescheuert.“ „Scheiße.“ „Dieser Scheiß-Bauern-Dussel.“ „Scheiße.“ „Mein Gott, sind die doof.“ „So eine Scheiße.“ 2011 gab es dafür auch mal ein Bußgeld des DFB, als Dickel und Boris Rupert den Schiedsrichter Wolfgang Stark als „Arschloch“, „Korinthenkacker“ und „Blinden“ bezeichnet hatten.

Doch nicht nur die Gefühlsausbrüche machen Spaß, sondern auch der einfache, klare Kommentarstil. Denn auch das ist ein Vorteil des Radios: Dass man verbal so sehr am Geschehen bleiben muss, dass man gar nicht in die pseudoklug verstiegenen Gedankengänge oder die absurde Fun-Fact-Abarbeiterei vieler TV-Kommentatoren abdriften kann. (Sabine Töpperwien beweist in den aktuellen ARD-Bundesligaschlusskonferenzen leider oft, dass man auch die schlechten Seiten beider Welten vereinen kann.)

So also auch am Dienstagabend. Synchron überschlagen sich die Ereignisse und die Stimmen immer weiter, zwischendurch macht Dickel noch die Toransagen im Stadion, brüllt die Nachnamen mit, feuert die Mannschaft über die Lautsprecher an („Und weiter, Jungs! Weiter, Jungs!“). Es stimmt einfach: So emotional, so geil ist nur Fußball.

Thomson, jetzt pfeif ab. Man kann jetzt auch diskutieren, will ich aber gar nicht, ob das vielleicht ne Abseitsposition war, weil der Tele da auch schon an der Torlinie stand. Aber weißte wat. Leck mich anne Büchs, sag ich nur. Jetzt pfeif endlich ab! Drei zu Zwei. Wer hätte das vor vier Minuten geglaubt, dass der BVB ins Champions-League-Halbfinale einzieht.

Freunde, ich kann nicht mehr. Pfeif ab, Thomson! Nochmal, der Ball. Rausgeschlagen, von Sahin. Unten hält es keinen mehr. Langer Ball in den Sechzehner. Hummels! Mit dem Kopf. Und raus, nochmal auf Eliseu. Eliseu. Nochmal ein Haken. Flanke. Geklärt. Nochmal. Eliseu. SCHMELZER, jawoll, geiles Ding, Junge! UND ES IST VORBEI! ES IST VORBEI!!! DER GEILSTE CLUB DER WELT STEHT IM CHAMPIONS-LEAGUE-HALBFINALE.

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6 Kommentare

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  • S
    sauerland

    Dickel ist natürlich der absolute Ekstatiker und Situationsrabauke. Dickel braucht den Fußball und die Situationen. Dickel verträgt man am Besten mit ein paar Bier im Bauch.

     

    Bei Sabine Töpperwin stellt sich der Rausch ganz ohne Bier ein. Und wenn das Spiel noch so öde ist - allein das Auf- und Ab- der Satz- und Wortmelodien nimmt dich voll mit. Da kann man sogar vergessen, wer gerade spielt und für wen du bist. Es bräuchte gar kein Spiel stattzufinden - wenn ich nach draußen schaue und der Wind weht, eine Tischdecke flattert im Wind, eine Kirschblüte noch ganz in ersten Ansätzen - dann ist das alles intoniert von Sabine Töpperwin.

  • P
    Peter

    Ob Sabine Töpperwien Kult ist, weiß ich nicht, aber ich höre sie gerne. Zum Schluß DES EINEN Spiels war ja auch sie ziemlich heiser! :-D

  • S
    Stoffel

    Ne, ihre extraburschikose Art nervt. Wieso ist die denn auch schon kult?

  • T
    tazitus

    Grimmepreis für Norbert Dickel und Boris Ruppert! Und wennet noch keine Kategorie für netradio gibt, muss eine her.

  • H
    Harald

    Hey, lasst mir mal die Sabine Töpperwien in Ruhe! Die ist Kult.

  • HR
    HP Remmler

    Einerseits diese hinreißende Geschichte, andererseits das erbärmliche Gewürge von Herrn Yücel zu den Spielen von Real gegen Istanbul. Ihr seid schon ein in jeder Hinsicht extremes Blättchen...