Radfahren in der Region Frankfurt (Oder): Ein eher lückenhaftes Netz

Von Frankfurt (Oder) aus ist das Radwege-Angebot ins Umland gut. Aber in der Stadt selbst ist Fahrradfahren die reinste Hölle. Da ist mehr drin.

Ein Radfahrer irgendwo in Brandenburg - über den Radweg laufen Lamas

Tja, Radfahren in Brandenburg kann … äh … lustig sein Foto: Peggy Lohse

Die Radl-Saison ist eröffnet. Blühende Bäume, bunte Blumen und farbenfrohe Trikots auf Tourenrädern und E-Bikes zeigen bei uns in Ostbrandenburg den Frühling an. Brandenburg ist Radlland und Radverkehr wichtig für den Tourismus. Wirklich erfahrenswerte Trassen führen von See zu See, zwischen Oder und Spree.

Gerade hat das Land seine Radverkehrsstrategie neu aufgelegt. Ziel: lückenlose Verbindung zwischen Orten, Bahnhöfen, Sehenswürdigkeiten, Schulen und nach Polen. Bis 2030 sollen 20 Prozent aller Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Menschen aller Altersgruppen sollen bequem und sicher vom Pkw aufs Rad umsteigen können.

Von Frankfurt (Oder) aus ist das Radwege-Angebot ins Umland gut: Ortsteil-Route rund um die Stadt mit Anschluss an Oder-Neiße- und Spree-Radweg sowie zum Seenland dazwischen. Auch auf polnischer Seite gibt es immer mehr Radrouten, bislang aber noch ein eher lückenhaftes Netz.

Diese touristische Radinfrastruktur ist auch dringend nötig − für uns Alltagsradelnde. Als Ausfahrt vom täglichen Stadtverkehr. Denn hier wird das Rad noch kaum mitgedacht. Die Message: Radle, wenn du dich traust, und dort, wo’s nicht stört!

An zwei Händen abzuzählen

Eigene Radwege können wir an zwei Händen abzählen. Gestrichelte Radstreifen werden am besten auf der Grenzbrücke respektiert. Dank der Polizeipräsenz dort. Entweder man teilt sich Gehwege mit Fußgängern − verständlicher Ärger vorprogrammiert − oder tagsüber viel befahrene Straßen mit oft rasenden Autos. Baustellen widmen uns maximal Schilder à la „Radfahrer absteigen“. Umleitungen führen oft über Treppen: mit dem Rad zu meistern, aber was ist mit Rollstühlen oder Kinderwagen?

Frankfurt und Słubice sind eine Auto-Doppelstadt. Das Wohlstandssymbol für individuelle Mobilität ist vierrädrig und motorisiert. Als jüngst im Frankfurter Rathaus öffentlich über eine autofreie „Magistrale“ nachgedacht wurde, zog ein Sturm der Entrüstung auf. Dabei ging es um ein 500 Meter langes Stück Einkaufsstraße. Einzelhändler und Kunden müssen immer mit dem Auto direkt vors Geschäft.

Klar, hier im ländlichen Raum sind viele aufs Auto angewiesen: Sie pendeln ins Umland oder hierher zum Arbeiten und Einkaufen. In Słubice sind trotz höherer Inflation immer noch Benzin, Lebensmittel und Friseur günstiger. Die Doppelstadt lebt von diesem Austausch. Aber dafür auch gern mit den stickigen Grenzstaus?

Ein bisschen Umstellung, und es geht

Dennoch: Es geht um Klimawandel und Verkehrswende. Radfahren in einer Kleinstadt wie unserer ist das Mindeste, was wir tun können. Es schont die Umwelt, bringt Bewegung, ist schneller und braucht weniger Parkplatz. Ein bisschen Umstellung, und es geht: Ich war so mal radelnde Reporterin in Oder-Spree.

Aber fahrradfreundlicher werden bisher nur Großstädte, und das im Westen. So das Fazit vom ADFC-Fahrradklimatest 2022: Frankfurt (Oder) liegt im Ranking auf Platz 84 von 113 Städten mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern, Cottbus und Görlitz immerhin im unteren Mittelfeld (Plätze 60 und 64). Eisenhüttenstadt auf 259 von 447 in der Kleinstadtklasse.

Brandenburgs Radverkehrsstrategie will nun auch Kommunen einbinden. Bitte, denkt dabei an die Alltagsradelnden: zum Beispiel mit Fahrradstraßen und Radschnellspuren. Und an positive Hinweise, um mehr Leute aufs Rad zu locken. Statt „Für Radfahrer freigegeben“ („Hier dürft ihr sein, solange ihr nicht stört“) oder „Radfahrer absteigen“ („Ihr stört“) besser mit weißem Drahtesel auf blauem Grund: „Hier ist Radlraum für euch!“ Bis dahin bleibt mein persönlicher Geheimtipp: nachts auf mehrspurigem „Highway“ radeln, besonders romantisch im warmen Sommerregen.

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Jahrgang 1988, freie Autorin, wohnhaft in Frankfurt (Oder). Themenschwerpunkte: Gesellschaft und Kultur jenseits von Berlin in östlicher Richtung. In der taz erkundet sie monatlich die liebenswürdigen Widersprüche der deutsch-polnischen Oder-Grenzregion (Kolumne grenzwertig) und berichtet aus der Ukraine.

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