Rad-Protest gegen die A100 in Berlin: Gespaltene Demo

Die Protestfahrt gegen die A100 am Freitag hätte beeindruckender sein können – hätten übereifrige DemonstrantInnen sie nicht selbst zerlegt.

Fahrrad auf Demo mit Schild "Burn Carpitalism"

Verbrenner verbrennen? Demo-Schild am Freitag Foto: C. Prößer

BERLIN taz | Wie viele waren es denn jetzt, auf der großen Fahrrad-Demo am Freitagnachmittag gegen den Weiterbau der A100 nach Friedrichshain und Prenzlauer Berg? 3.000, wie der ADFC Berlin stolz auf Twitter verkündet? Oder doch nur 500, wie etwa RBB24 meldet? Die Diskrepanz könnte damit zusammenhängen, dass einige TeilnehmerInnen die Protestfahrt ungefähr nach der Hälfte mit einer spontanen Aktion gespalten haben. Aber dazu gleich mehr.

Recht kurzfristig hatten Fahrrad- und andere Mobilitätsverbände sowie die Bür­ge­r*in­nen­In­itia­ti­ve A100 die Demonstration angemeldet. Auslöser war die Ankündigung des FDP-geführten Bundesverkehrsministeriums Ende März, auch den 17. Bauabschnitt in Angriff zu nehmen, der die Stadtautobahn vom Treptower Park über die Spree und unter dem Ostkreuz hindurch bis zur Storkower Straße führen soll. Das hatte nicht nur bei BürgerInnen für Furore gesorgt – immerhin hat die rot-grün-rote Berliner Koalition das Projekt eingefroren, und die große Mehrheit ihrer Mitglieder will es ganz beerdigen.

Allerdings hat der Bund beim Autobahnbau mittlerweile völlig freies Spiel. Weshalb die Fahrraddemo auch vor dem Dienstsitz von Minister Volker Wissing am Invalidenpark startet, wo die AktivistInnen ihm und der Ampelkoalition ins Gewissen reden. Einen „Rückbau, keinen Weiterbau der A100 mitten in der Klimakrise“, fordert ADFC-Landeschef Frank Masurat: „Noch haben wir die Wahl.“

Ein Redner vom Volksentscheid Berlin autofrei erinnert daran, dass gerade Menschen in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen sich selten ein Auto leisten können, aber oft aufgrund der niedrigeren Mieten in Lärmgettos an Autobahnen und Durchgangsstraßen wohnen müssen. Den Vorstoß der Berliner CDU, man könne die erweiterte Strecke durch „Einhausung“ und den Zusatz von Grün und Radwegen zur „Klimaautobahn“ machen, bezeichnet er als „zynischen Blödsinn“.

Gegen 17 Uhr und bei reichlich frischen Temperaturen geht es dann los: durch Kreuzberg, Tempelhof, Neukölln und Treptow soll die Fahrt bis zum Club about:­blank am Ostkreuz führen. Eine Enttäuschung gibt es gleich vorweg: Die Versammlungsbehörde der Polizei hat die ursprünglich genehmigte Fahrt über die A100 ein paar Stunden vor Beginn untersagt, wegen der zu erwartenden massiven Störung des Feierabendverkehrs, wie es heißt. „Buuuh“, rufen die Demonstrierenden, die auf City- und Cargobikes, Renn-, Klapp- und sogar Leihrädern erschienen sind.

Mit Klingeln und Sprüchen à la „Wir wollen keine Autobahn / Wir brauchen den Platz zum Fahrradfahrn!“ geht es über Wilhelmstraße, Mehringdamm und Tempelhofer Damm bis zur Autobahnauffahrt am S-Bahnhof Tempelhof. Hier passiert es: Etwa die Hälfte des Korsos ist schon weiter in Richtung Germaniastraße gerollt, als einige MitfahrerInnen – offenbar von „Extinction Rebellion“ – den Rest aufhalten und versuchen, bei der Polizei eine Spontandemonstration anzumelden, um doch noch auf die Autobahn zu dürfen.

Die Autobahn bleibt tabu

Die Behördenvertreter lassen aber nicht mit sich reden, sie argumentieren, dass es sich bei den Spontan-Anmeldenden um TeilnehmerInnen der Demonstration handelt, für die die Bedingungen längst klar gewesen seien. Zwar erreichen die AktivistInnen damit, dass die westliche Auf- und Abfahrt zur Autobahn eine Zeit lang blockiert sind; sie zerreißen aber auch die Demonstration und sorgen dafür, dass viele entnervt und frierend aufgeben und den Heimweg antreten. Der Rest, der nach 19.30 Uhr am Ostkreuz eintrudelt, ist deutlich geschrumpft.

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