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Racial Profiling auf St. PauliPolizeikontrollen kontrollieren

Mit der steigenden Zahl der Kontrollen der Task Force Drogen wächst der Widerstand von AnwohnerInnen. Die werfen der Polizei Rassismus vor.

Cop watch auf St. Pauli: Aktivisten begleiten Polizeikontrollen mit Schildern und Aufmerksamkeit Foto: Erik Peter

HAMBURG taz | „Cop watch“, nennt ein Anwohner das, was am vergangenen Samstag in der Hafenstraße stattgefunden hat: Da hielten AktivistInnen neben den BeamtInnen der Task Force Drogen Pappschilder hoch, auf denen Slogans standen wie: „Hier komme ich“ oder „Ich bekomme Geld dafür“. Eine Mischung aus Satire und Kontrolle dessen, was KritikerInnen Racial Profiling nennen und die Polizei als Bekämpfung der offenen Drogenszene beschreibt.

Vor kurzem ist die 2016 eingerichtete Task Force Drogen um einen Zug aufgestockt worden, seitdem haben die Kontrollen rund um die Hafentreppe zugenommen. Die gilt – wie auch Bereiche in der Schanze und St. Georg – als sogenannter Gefahrenort, wo der Polizei verdachtsunabhängige Kontrollen erlaubt sind. Die treffen nach der Schilderung von KritikerInnen Menschen schwarzer Hautfarbe, die ersichtlich nichts mit Drogenhandel zu tun hätten.

„Man kann sich hier als schwarze Person nicht aufhalten, ohne von der Polizei kontrolliert zu werden“, sagt ein Anwohner aus der Hafenstraße, der dort seit zehn Jahren lebt. Drogenhandel, so meint er, habe es dort schon immer gegeben – neu sei der Umgang der Polizei damit. Gegen die rassistischen Kontrollen rege sich zunehmend Widerstand aus der Anwohnerschaft, der nun mit der cop watch-Aktion eine neue Form gefunden habe.

Die Polizei beschreibt die Arbeit der Task Force als Erfolg. „Die Maßnahmen erfahren eine breite gesellschaftliche Akzeptanz, insbesondere unter Anwohnern und Gewerbetreibenden“, so die Pressestelle. Ihre Bilanz für 2017: 33.359 Personen überprüft, 683 vorläufig festgenommen, davon 518 wegen Verdachts des Handelns mit Betäubungsmitteln. 238 Personen wurden einem Haftrichter vorgeführt, gegen 199 Haftbefehle erlassen.

Racial Profiling

Werden Menschen auf der Grundlage des Erscheinungsbilds – also etwa Hautfarbe oder Gesichtszüge – für polizeiliche Maßnahmen wie Personenkontrollen, Ermittlungen und Überwachungen herangezogen, nennt man das Racial Profiling.

In Artikel 3 des Grundgesetzes heißt es: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (...) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft (...) benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Die Linken-Abgeordnete Christiane Schneider hat gerade eine Anfrage zur Arbeit der Task Force an den Senat gestellt. Das hat sie bereits in den Vorjahren getan – und damals erfahren, dass die hohe Zahl der Kontrollen in keinem Verhältnis zu den daraus abgeleiteten Ermittlungsverfahren stand. In den ersten sechs Monaten ihres Bestehens mündeten 17.000 Kontrollen der Task Force in 33 Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft, 51 Anklagen und 15 Freiheitsstrafen.

Schneider will den Ärger der AnwohnerInnen nicht kleinreden, sie hat Verständnis dafür, dass Eltern keine Spritzen auf Spielplätzen finden wollen und keine Dealer vor Schulen. Aber sie glaubt, dass die Polizei das Problem „nicht lösen, sondern nur verdrängen kann“.

Dass deren Vorgehen rassistisch ist, ist für Schneider erwiesen. Daran hat sich auch nichts geändert, nachdem die Polizei 2017 vor dem Verwaltungsgericht einräumen musste, dass eine ihrer Kontrollen deshalb rechtswidrig war. Christiane Schneider sieht die eigentliche Verantwortung für eine konstruktive Drogenpolitik beim Senat – der auf Scheinlösungen statt auf politische Antworten setze.

Auf die Frage, wie die Polizei zukünftig mit dem sogenannten Cop Watching umgehen will, heißt es vage aus der Pressestelle: man werde „konsequent erforderliche Maßnahmen treffen“. Die AnwohnerInnen wollen ihre Aktionen fortsetzen.

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