RWE klagt auf Schadensersatz: Millionen-Klage gegen Aktivist*innen
Fünf Aktivist*innen und ein Journalist sollen RWE Schadensersatz in Millionenhöhe zahlen – für sie ist das mehr Ansporn als Abschreckung.
Zum ersten Mal verklagt der Energiekonzern RWE Kohlegegner*innen auf Schadensersatz. 2,1 Millionen Euro fordert das Unternehmen von fünf Aktivist*innen, weil sie 2017 zusammen mit neun weiteren das Braunkohlekraftwerk Weisweiler besetzt hatten. Auch ein Journalist wurde verklagt.
„Uns war klar, dass RWE das als Abschreckung für künftige Aktionen versuchen wird“, sagte Niklas M. gegenüber der taz. Er war selbst an der Blockade beteiligt, möchte aber anonym bleiben. Die Klage würde für den Konzern in erster Linie schlechte Presse bedeuten und den Aktivist*innen Aufmerksamkeit für ihr Anliegen bescheren, glaubt er.
Im November 2017 besetzten die Kohlegegner*innen während der UN-Klimakonferenz in Bonn Förderbänder und Bagger des Kraftwerkes Weisweiler bei Aachen. Sie ketteten sich an Metallrohren fest, so dass sie nur mit großem Aufwand wieder entfernt werden konnten, schildert Niklas M. die Aktion. Damit hätten sie den Betrieb mehrerer Kraftwerkblöcke für einen halben Tag lahmgelegt.
„RWE ist dadurch ein großer Schaden entstanden“, sagte Konzernsprecher Guido Steffen der taz. Strom habe das Unternehmen extern zukaufen und einspeisen müssen. Deshalb hat RWE beim Landgericht Aachen auf Schadensersatz geklagt. Die Aktivist*innen haben laut Niklas M. bereits Widerspruch eingelegt. Der Prozesstermin stehe aktuell noch nicht fest.
„Ein Versuch uns einzuschüchtern“
Bisher hat RWE Besetzer*innen von Kohlekraftwerken vorwiegend auf Unterlassung verklagt – sie durften dann nie wieder RWE-Gelände betreten. Der Schritt der Schadensersatzklage aber ist neu. „Das ist ein Versuch, uns einzuschüchtern“, sagte Niklas M.
Auch den Journalisten Jannis Grosse, der für verschiedene Medien arbeitet und die Besetzung unter anderem für die taz fotografiert hatte, hat RWE auf Schadensersatz verklagt. „Ich bin als Journalist vor Ort gewesen und nicht als Aktivist, auch wenn RWE das jetzt behauptet“, sagte Grosse der taz.
Niklas M., Aktivist
Sein Anwalt hat jetzt in einer Pressemitteilung erklärt, dass Grosse an der Besetzung nicht mitgewirkt, sondern diese lediglich dokumentarisch begleitet habe.
Dass bei der Blockade neben einem WDR-Team mit Grosse noch ein weiterer Journalist dabei war, davon wisse RWE-Sprecher Steffen nichts.
Krankenhäuser gaben Personalien weiter
Während neun der damaligen Besetzer*innen anonym geblieben sind und RWE sie deshalb nicht verklagen konnte, haben die sechs Verklagten ihre Personalien angegeben – wenn auch nicht freiwillig. In einigen Fällen hätten die Krankenhäuser die Personalien gegen den Willen der Betroffenen weitergereicht, so Niklas M.
„Die werden keinen Cent von uns bekommen“, kündigt der Aktivist weiter an. Sollte die Klage Erfolg haben, wollen die Besetzer*innen von nicht mehr als 1.000 Euro im Monat leben, um so der Zahlung an RWE zu entgehen. Für kommenden Montag plant die Initiative „We don't shut up“ zudem eine Kundgebung vor dem Kraftwerk Weisweiler.
Mit einem CO2-Ausstoß von 18,1 Millionen Tonnen ist das Kraftwerk Weisweiler Europas fünft größte Quelle für das Treibhausgas. RWE betreibt im Rheinischen Braunkohlerevier auch die Werke Neurath und Niederaußem, die zu den ältesten und dreckigsten zählen.
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