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RÜCKLÄUFIGER WEINKONSUM IST EINE VORTEILHAFTE ENTWICKLUNGNicht Krisen-, sondern Qualitätsbeweis

Es kriselt überall. Nun trinken die Deutschen auch noch weniger Wein, allein im ersten Halbjahr 2003 rund 23 Millionen Flaschen weniger als im Vorjahreszeitraum. Die neueste Hiobsbotschaft von der Konsumfront wird selbstredend der allgemein schlechten Konjunktur angelastet. Und wenn die wirtschaftliche Stimmung mies ist, vergeht den Deutschen offenbar auch die Lust auf Wein. Anders als etwa in Frankreich oder in Südeuropa ist Weinkultur hierzulande noch immer keine Selbstverständlichkeit, ist mit dem Ruch des Elitären behaftet. Täglich speist das angebliche Luxusprodukt unser schlechtes Gewissen, dass zu viel Genuss und Freude frevelhaft sei – ein protestantischer Reflex, der sich tief in die immer noch verunsicherte deutsche Seele eingegraben hat. Gern wird verdrängt, dass Wein auch ziemlich viel Spaß bereitet. Aber Freude in der Krise? Das darf momentan nicht sein. Sind wir ungenießbar?

Aber es gibt eine Gegenbewegung. Vor allem die Generation der 30- bis 45-Jährigen kultiviert heute ein gänzlich anderes Weintrinken. Es wird weniger, aber besser getrunken – dies und nicht die Wirtschaftskrise ist der Grund für den rückläufigen Gesamtverbrauch. Die billige Literflasche kommt langsam aus der Mode. Dennoch zeigt der veränderte Weinkonsum durchaus den immer größer werdenden Spalt in der deutschen Gesellschaft auf. Die Billigtrinker werden zunehmend von den Discountern bedient, deren Marktanteile auch beim Wein jährlich steigen.

Die Studie über den Weinverbrauch wurde vom Deutschen Weininstitut (DWI) in Auftrag gegeben, der Lobby der deutschen Weinerzeuger. Aber die Branche ist heterogen, das Spektrum reicht von Biowinzern, Kleinbetrieben und Spitzenerzeugern bis hin zu großen Weinfabriken. Das DWI unterstützt vor allem die Großproduzenten, jene also, die mit Chemie und fragwürdiger Technik billigen Wein für alle erzeugen. Sie belasten nicht nur die Umwelt, sondern produzieren ein Getränk, das dem Genuss abträglich ist und die Welt garantiert nicht freundlicher macht. Und daran hat die Konjunktur erst recht nicht Schuld. TILL DAVID EHRLICH

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