RBB-Rundfunkrat: Dem Senat auf die Sprünge helfen
Wenn sich der RBB-Rundfunkrat am heutigen Donnerstag trifft, ist erstmals auch ein Behindertenvertreter dabei.
Seit Jahren fordert der Aktivist Christian Specht, dass Menschen mit Behinderungen im RBB-Rundfunkrat vertreten sein sollten, seit Jahren tut sich in der Sache fast nichts. Nun nimmt Specht, der eine Lernbeeinträchtigung hat und im Vorstand der Lebenshilfe sitzt, die Sache selbst in die Hand: Wenn der Rundfunkrat am heutigen Donnerstagnachmittag zu seiner regulären Sitzung zusammenkommt, will er als Zuhörer dabei sein. „Ich bin gespannt und total aufgeregt“, sagte er am Mittwoch.
Specht weiß viele Leute hinter sich: Der Landesbeirat für Menschen mit Behinderung Berlin und der Landesbehindertenbeirat Brandenburg erinnerten am Mittwoch in einer Pressemitteilung daran, dass jeder Zehnte in der Region mit einer Behinderung lebe. „Im Rundfunkrat, der gesellschaftliche Vielfalt präsentieren soll, spiegelt sich dies jedoch nicht wider.“ Specht mache deshalb mit seiner Teilnahme ab der heutigen Sitzung den Anfang.
Auch Muslime und Queere fehlen
Der RBB-Rundfunkrat setzt sich aus 30 stimmberechtigten Mitgliedern zusammen. Er legt zwar nicht die Programme fest, wählt aber zum Beispiel den Intendanten. Die Mitglieder des Gremiums sollen das öffentliche Leben und damit die Allgemeinheit der Länder Berlin und Brandenburg vertreten. Wer das genau ist, darüber gehen die Meinungen auseinander: Nicht nur Menschen mit Behinderungen fehlen im Rat, auch Muslime oder die queere Community tauchen nicht auf.
Dass die Beiräte für Menschen mit Behinderungen gerade jetzt mobilisieren, ist kein Zufall: Ende Februar endet die vierjährige Amtszeit des bisherigen Rundfunkrates. Rot-Rot-Grün hatte sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Zusammensetzung des Gremiums „hinsichtlich angemessener Repräsentation gesellschaftlicher Vielfalt“ zu verbessern.
Dafür müsste allerdings der RBB-Staatsvertrag geändert werden. Die VertreterInnen für Menschen mit Behinderung forderten am Mittwoch die Landesregierungen auf, das in die Wege zu leiten. Gelinge eine Umsetzung bis Februar 2019 nicht, „wäre dies eine Ohrfeige für alle Menschen mit Behinderung“, schreiben sie.
Christian Spechts Teilnahme an der Sitzung ist also durchaus als Mahnung zu verstehen. Er selbst kündigte an, nicht nur zuzuhören, sondern sich auch zu Wort zu melden, sollte es um Interessen von Menschen mit Behinderungen gehen.
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