piwik no script img

Querspalte

Big Brother Beck

Wollen Sie auch einmal 250.000 Mark im Koffer überreicht bekommen? Dafür müssen Sie nicht in CDU-Parteiführung machen. RTL 2 sucht Kandidaten für seine neue Show „Big Brother“. Zehn Teilnehmer werden in einen Wellblechbunker ohne Fenster, aber mit etlichen Kameras gesperrt. Wer es hundert Tage aushält, bekommt das Preisgeld. In Holland lief die Show schon erfolgreich. Doch Kurt Beck, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, möchte „Big Brother“ per Landesmedienanstalt verbieten lassen. Er könne dem „Werteverfall in unserer Gesellschaft“ nicht tatenlos zusehen, sagte der Sozialdemokrat dem Fachblatt für Werteverfall, Bild am Sonntag, und fügte hinzu: „Wir müssen nicht jede Idiotie, die im Ausland hohe Einschaltquoten hatte, in Deutschland nachäffen.“

Damit steht Beck in der hehren sozialistischen Tradition der Verteidigung der deutschen Kulturnation vor schlimmem ausländischem Einfluss. Man müsse schließlich nicht jeden Schund aus dem Westen nachahmen, erklärte schon Walter Ulbricht zu „Yeah, Yeah, Yeah und wie das alles heißt“. Das war 1965 in der DDR, wo Politiker noch wirklich etwas verbieten konnten und das Böse noch „Beatles“ hieß und nicht RTL 2. So richtig geklappt hat es allerdings schon damals nicht mit dem Verbieten. Einige Jahre später resignierte Erich Honecker: „Gegen eine gepflegte Beatmusik ist doch gar nichts einzuwenden.“ Gepflegte Beatmusik meinte deutsche Bands wie die Puhdys. Der selbst organisierte Werteverfall quasi.

Ergo, Genosse Beck, organisiere ein deutsches „Big Brother“. Drehort CDU-Zentrale: die Fenster blickdicht verklebt, ein Haufen Kameras installiert und das Präsidium tagt hundert Tage. Aufklärung live mit den Kandidaten Schäuble und Kohl. Ein garantierter Quotenerfolg. Hoffentlich kommt das Preisgeld nicht weg. Robin Alexander

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen