Queere Community in Berlin: CSD fährt Stonewall in die Parade

Der CSD heißt auch wieder so: Die Veranstalter nehmen die Umbenennung in Stonewall-Parade zurück. Die Community bleibt gespalten und demonstriert getrennt.

Dieses Jahr sind sich nicht alle so grün: CSD 2013 am Brandenburger Tor. Bild: dpa

Der Veranstalter der größten Lesben- und Schwulen-Parade in Berlin knickt ein: Der CSD wird nun doch nicht in Stonewall Parade umbenannt. „Die anhaltende Namensdebatte um Stonewall hat die Inhalte vollständig überlagert und eine fundierte Diskussion darüber unmöglich gemacht“, heißt es in einer Mitteilung des Vorstandes des Vereins, der den Umzug veranstaltet. In den letzten Monaten hatte sich die schwul-lesbische Community heftig um den Namen der Parade gestritten.

Der Vorstand des CSD e.V. hatte im Januar überraschend für viele Aktive aus der Communty ein neues Konzept vorgelegt: Aus der Organisation, die einmal im Jahr die Parade veranstaltet, soll eine politische Bewegung mit dem Namen Stonewall werden, die das ganze Jahr über aktiv ist. Auch die Parade sollte den neuen Namen erhalten. Der Begriff wurde markenrechtlich geschützt, um Einnahmen durch seine kommerzielle Vermarktung zu erzielen.

Ein erheblicher Teil der Community fühlte sich übergangen. Viele Gruppen sagten ihre Teilnahme an der Parade ab – darunter der Lesben- und Schwulenverband (LSVD), die Aids-Hilfe sowie die Queer-Arbeitsgruppen von Grünen, SPD und CDU. Sie gründeten ein Aktionsbündnis, um parallel zur Stonewall-Parade eine Veranstaltung unter dem alten Namen CSD zu organisieren.

Der Vorstand des Veranstaltervereins sah sich jetzt genötigt, zurückzurudern: „Niemandem soll durch einen Namen etwas aufgedrängt werden; niemand soll sich an diesem Tag durch einen Namen ausgeschlossen fühlen“, heißt es in der Mitteilung vom Mittwoch. Die Umbenennung in Stonewall wird daher „ausgesetzt“ – für wie lange, teilt der Vorstand nicht mit. Auch das umstrittene Konzept einer ganzjährig aktiven Bewegung soll fortgesetzt werden.

Jurgen Daenens, Vorsitzender des Arbeitskreises der Lesben und Schwulen in der CDU Berlin, kritisiert: „Der Vorstand fährt inhaltlich den gleichen Kurs, macht nur etwas Namenskosmetik – und vor allem ist es wieder eine einsame Entscheidung ohne Debatte in der Community.“ Er vermutet, der Vorstand habe die Parade nur deshalb wieder zurückbenannt, weil alle relevanten Teilnehmer mit großen Umzugswagen abgesagt haben.

Maria Meisterernst von den Queergrünen, Petra Nowacki von den Schwusos und Jörg Steinert vom LSVD sehen die Lage etwas optimistischer. Die Rückbenennung sei „erst mal positiv, wenn auch noch viele Fragen offen sind“, so Meisterernst. Es sei ein „Erfolg für alle, die wir uns um eine ernsthafte Diskussion bemüht haben“, so Nowacki. Sie sagt, „dass der Verein an seine Historie denken muss: Er ist aus der Community gewachsen und sollte sich davon nicht abnabeln, sondern man muss den weiteren Weg gemeinsam diskutieren.“ Es sei „ein erster Schritt zur Einsicht“, sagt Steinert.

Alle vier gehen davon aus, dass es in diesem Jahr angesichts der weit fortgeschrittenen Vorbereitungen getrennte CSDs am 21. Juni geben wird. Und dass man anschließend die Zeit nutzt, um zu klären, ob die Gruppen sich ab 2015 wieder zu einem gemeinsamen CSD vereinen.

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