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Putschversuch in der Elfenbeinküste

Zweieinhalb Monate nachdem sie die Militärs der Elfenbeinküste von der Macht verjagte, übersteht die Regierung des Sozialisten Laurent Gbagbo einen Umsturzversuch des Militärs. Aus dieser Heldentat schlägt sie nun politisches Kapital

von DOMINIC JOHNSON

In der Elfenbeinküste ist ein Putschversuch gegen die Regierung von Präsident Laurent Gbagbo zwar gestern gescheitert, aber das ohnehin angespannte politische Klima hat sich weiter aufgeheizt. Im Zentrum der Hauptstadt Abidjan nahm die regierungstreue Gendarmerie gestern Massenverhaftungen von Zivilisten vor. Zugleich weigerte sich die Regierung, Angaben über die Urheber des Putschversuchs zu machen, der Abidjan in der vorherigen Nacht in Panik versetzt hatte. Innenminister Boga Doudou begnügte sich mit der Behauptung: „Wir wissen, woher das Übel kommt. Wir werden es ausrotten.“

Soldaten hatten am Sonntagabend in Abidjan den staatlichen Radio- und Fernsehsender besetzt und den Sturz der Regierung erklärt. „Liebe Landsleute, das Land hat soeben einen weiteren Wechsel hinter sich gebracht“, sagte ein Putschist gegen 4 Uhr früh im Rundfunk. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Regierung jedoch bereits das Stadtzentrum von loyalen Truppen abriegeln lassen. Die machten sich dann in den Morgenstunden an die „Säuberung“. Nach ersten Meldungen über zwei Tote berichteten Augenzeugen gestern Nachmittag von vier Leichen auf Abidjans Straßen.

Es war die siebte Militärrevolte in der Elfenbeinküste seit etwas über einem Jahr. Weihnachten 1999 hatte ein Soldatenaufstand nach demselben Muster wie der jüngste Umsturzversuch die Zivilregierung von Präsident Henri Konan Bédié gestürzt und den pensionierten General Robert Guei an die Spitze einer Junta gesetzt. Guei kandidierte dann im Oktober bei von ihm angesetzten Präsidentschaftswahlen. Die verlor er haushoch an den Sozialistenführer Gbagbo, den einzigen zugelassenen Gegenkandidaten von Gewicht. Als Guei seine Niederlage nicht anerkannte, trug ein Volksaufstand Gbagbo an die Macht.

Diese demokratische Revolution hatte jedoch einen Geburtsfehler: den Ausschluss des wichtigen liberalen Oppositionspolitikers Alassane Ouattara, der die 40 Prozent Muslime unter der Bevölkerung der Elfenbeinküste vertritt, von der Politik, sowie die zunehmende politische Marginalisierung der 4 Millionen Nachkommen von Einwanderern unter den 16 Millionen Einwohnern der Elfenbeinküste. Diese einst von Bédié eingeführte Politik wurde von Guei fortgesetzt und heute auch von Gbagbo. Dessen Machtergreifung war begleitet von Pogromen an Muslimen und Angehörigen des Dioula-Volks aus dem Norden des Landes, denen mindestens 200 Menschen zum Opfer fielen.

Das hat das politische Klima der Elfenbeinküste vergiftet. Als Ouattara im Dezember auch von den Parlamentswahlen ausgeschlossen wurde und seine Partei RDR zum Boykott aufrief, wurden in Teilen des Nordens Sezessionsbestrebungen laut.

Für den 14. Januar sind Nachwahlen in 26 nördlichen Wahlkreisen angesetzt, die die RDR erneut boykottieren wird. Hier wird nun die bis 1999 regierende ehemalige Einheitspartei PDCI fast allein gegen Gbagbos Sozialistenpartei FPI antreten. Sollte die PDCI die Nachwahlen gewinnen, wäre sie stärkste Fraktion im Parlament, aus dessen Wahl im Dezember Gbagbos FPI nur knapp als Sieger hervorging.

In dieser verworrenen Lage kann jeder politischen Strömung im Land ein Interesse an Instabilität nachgewiesen werden. Der gestürzte Militärmachthaber Guei hat sich nahe der Grenze zu Liberia mit bewaffneter Miliz verschanzt, sein ehemaliger Gardistenchef soll zum Zeitpunkt des Putschversuchs in Abidjan gewesen sein. Der von der Politik ausgeschlossene Ouattara hat eine gewaltbereite Gefolgschaft, die auf Rache für die Pogrome vom Oktober sinnt; zwei mit Ouattara befreundete Generäle sind seit November in Haft.

Aber auch Gbagbo und seine Anhänger könnten ein Interesse haben, durch einen simulierten Umsturzversuch kurz vor den Nachwahlen die Nation um sich zu scharen und damit eine Niederlage zu verhindern. Mit der muss die FPI rechnen, seit sie durch Ouattaras Ausschluss von den Parlamentswahlen Frankreich dazu gebracht hat, versprochene umfangreiche Wirtschaftshilfen zu stornieren. Damit schwand die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung der Elfenbeinküste ebenso wie die auf soziale Reformen.

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