Putschaufruf in Venezuela: Paragraf 350 steht für die Freiheit

Ein Helikopter steuert in Caracas auf den Gerichtshof zu, Granaten werden abgefeuert. Der Pilot will Neuwahlen und erinnert an die Verfassung.

Venezuelas Präsident Maduro steht, miz beiden Händen gestikulierend, an einem Mikrofon

Maduro soll zurücktreten – das fordert nicht nur der Hubschrauberpilot Foto: ap

Ein Hubschrauber über der venezolanischen Hauptstadt hatte für helle Aufregung gesorgt. Am späten Dienstagnachmittag überflog der Heli zunächst Caracas und zeigte dabei ein Transparent mit der Aufschrift „350 Libertad“ (350 Freiheit). Als der Hubschrauber den Sitz des Obersten Gerichtshofs anflog, wurden nach Regierungsangaben Schüsse und Granaten auf das Gebäude abgefeuert. Verletzt wurde dabei offensichtlich niemand. Die Streitkräfte wurden in Alarmbereitschaft versetzt und der in der Nähe liegende Präsidentenpalast Miraflores abgeriegelt. In der ohnehin schon hochspannungsgeladenen Situation machte schnell das Gerücht von einem Aufstand die Runde.

Der Hubschrauber gehört zum Arsenal der wissenschaftlichen Kriminalpolizei, was an der Abkürzung ‚Cicpc‘ (Cuerpo de Investigaciones Científicas, Penales y Criminalísticas) deutlich zu erkennen ist. Zu erkennen ist auch das Gesicht eines der Piloten. Dabei handelt es sich um Óscar Pérez, einem Cicpc-Mitarbeiter, der sich in seinem Instagram-Account offensichtlich zu der Aktion bekennt.

In mehreren kurzen Videosequenzen ist Pérez in Uniform und ohne Maske zu sehen. Es steht vor vier vermummten und schwerbewaffneten Personen und verkündet, dass sie „an diesem Tagen einen Aufmarsch in der Luft und am Boden durchführen mit dem einzigen Ziel, die Macht dem demokratischen Volk zurückzugeben.“ Pérez bezeichnet sich als Mitglied „einer Koalition von Funktionären des Militärs, der Polizei, und Zivilisten, auf der Suche nach einem Ausgleich und gegen diese vorübergehende und kriminelle Regierung.“ Er nennt die Verfassungsartikel 333 und 350 und fordert zu deren Einhaltung auf.

Während der erste die Gültigkeit der aktuellen Verfassung solange festschreibt, bis ein tatsächlich dazu ermächtigtes Organ diese ändert, erkennt der Artikel 350 das Recht der BürgerInenn an, jedem Regime, das gegen die demokratischen Werte und Garantien verstößt, die Anerkennung zu verweigern. Darauf zielt offensichtlich die Aufschrift „350 Libertad“.

Seine Koalition gehöre keiner Partei an und strebe die Vereinigung der Streitkräfte und des Volkes an. Gefordert werden der sofortige Rücktritt von Maduro und seiner Regierung und die Ansetzung von Neuwahlen. „Wir sind Gotteskrieger und unsere Mission ist dem Volk zu dienen,“ sagt er am Ende. Welche Schlagkraft diese Truppe tatsächlich hat, ist völlig unklar. Außer der Aktion mit dem Helikopter ist bisher keine weitere bekannt.

Óscar Pérez, Hubschrauberpilot

„Wir sind Gotteskrieger und unsere Mission ist dem Volk zu dienen“

Präsident Nicolás Maduro sprach von einen „terroristischen Angriff“. Maduro war während einer Livesendung im Fernsehen über den Vorfall informiert worden und ordnete den sofortigen Einsatz aller Spezialeinheiten der Armee an, um die „von der Opposition finanzierte bewaffnete Gruppe zu fangen“. Zugleich bestätigte er, dass vom Hubschrauber aus vier Granaten auf den Sitz der Obersten Gerichtshofs und das Innenministerium abgefeuert wurde.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.