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Putschangst in SimbabweIn der Hauptstadt Harare rollen Panzer

Der Machtkampf in Simbabwes Regierungspartei spitzt sich zu, Präsident Mnangagwa steht unter Druck. Unabhängige Beobachter sind besorgt.

Emmerson Mnangagwa kehrte 2017 aus dem Exil zurück, nun wünschen sich manche, das er doch etwas länger als legaler Präsident bleibt Foto: Philimon Bulawayo/Reuters

Harare taz | Das letzte Mal, als Panzer durch die Straßen der simbabwischen Hauptstadt Harare rollten, erwies sich das als Militärputsch, mit dem 2017 Langzeitpräsident Robert Mugabe gestürzt wurde.

Kein Wunder, dass jetzt große Sorge herrscht, nachdem wieder Panzer in Teilen der Hauptstadt unterwegs gewesen sind, vor dem Hintergrund eines sich zuspitzenden Machtkampfes in der regierenden Zimbabwe African National Union-Patriotic Front (ZANU-PF).

Mit Robert Mugabes Sturz 2017 hatte das Militär damals die Verhältnisse geklärt, als die Tage des greisen Robert Mugabe offensichtlich gezählt waren. Anhänger der damaligen First Lady Grace Mugabe hatten nach der Macht gegriffen und Vizepräsident Emmerson Mnangagwa ins südafrikanische Exil getrieben – am Ende kehrte Mnangagwa mit Hilfe der Armee triumphierend zurück und wurde Präsident.

Präsident unter Druck

Jetzt steht der mittlerweile 82-jährige Mnangagwa selbst unter Druck. Eine Fraktion der ZANU-PF, gestützt von der parteinahen Geschäftswelt, will, dass er nach Ablauf seiner zweiten gewählten Amtszeit 2028 weiter an der Macht bleiben kann. Sie wollen dementsprechend die Verfassung ändern. Eine Clique von Veteranen des Befreiungskrieges der 1970er Jahre, gestützt vom Militär, ist aber strikt dagegen und verlangt, ihn unverzüglich durch seinem Stellvertreter Constantino Chiwenga zu ersetzen – der mittlerweile pensionierte General, der 2017 den Putsch gegen Mugabe anführte.

Chiwenga nutzt seine Stellung als Vizepräsident, in der er immer wieder Mnangagwa vertritt, um Korruption und Vetternwirtschaft in der ZANU-PF-Führung anzuprangern. Ein Sohn und ein Neffe Mnangagwas sitzen als Minister in der Regierung.

Veteranenverband fordert Mnangagwas Rücktritt

Vor kurzem wurde dieser Machtkampf auch öffentlich sichtbar. Bei der Trauerfeier für den Befreiungskriegshelden Justin Mupamhanga – 45 Jahre nach Simbabwes Unabhängigkeit kommt es immer öfter zu solchen Anlässen – sangen rivalisierende Minister rivalisierende Lieder. Die Beerdigung selbst wurde zur Nebensache. „Simbabwe gehört uns allen“, erklärte Chiwenga in seiner Trauerrede. „Die Vision 2030 (das Regierungsprogramm) ist für uns alle, nicht für diese Mbingas (korrupte Amtsträger)“.

Daniel Garwe, Provinzchef der ZANU-PF für Mashonaland East, sagte hingegen, die Amtszeitverlängerung für Mnangagwa sei „nicht aufzuhalten“. Der Entwicklungsplan Vision 2030 „wird mit Präsident Mnangagwa im Amt umgesetzt“, erklärte er.

Der Veteranenverband (Zimbabwe National Liberation War Veterans Association) verlangte nun Mnangagwas Rücktritt. „Statt Mugabes Fehler zu korrigieren, hat Mnangagwa uns gezeigt, dass Mugabe eigentlich ein Heiliger war“, sagte für den Verband der Kriegsveteranen Blessed Runesu Geza, Mitglied des Zentralkomitees der ZANU-PF. Geza wird mittlerweile von der Polizei gesucht und soll das Land verlassen haben.

Sorgen wegen Panzerkolonne

In diesem Zusammenhang rollten am Mittwoch plötzlich 20 Panzer auf den Straßen des Hararer Stadtteils Borrowdale. Das habe nichts zu bedeuten, behauptet Nick Mangwana vom Informationsministerium: Es handele sich um eine „geplante Übung“, meinte er. „Nichts, was Sorgen bereiten sollte.“

Aber unabhängige Beobachter machen sich große Sorgen. Mnangagwas Vorhaben, länger zu regieren als die Verfassung erlaubt, destabilisiere die Regierung und die Sicherheit Simbabwes, sagt der oppositionsnahe Jurist Brian Mutebuka. „Dies sind offensichtlich sehr heikle politische Entwicklungen, die die Grundfest des Staates erschüttern“, sagt er. Simbabwe habe „den Weg der politischen Unsicherheit beschritten“ und stehe vor „einem der gefährlichsten Kapitel seiner jungen Geschichte“.

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