Prozessbeginn zu Schrottimmobilien: Anklagebank statt Lamborghini
Neun Makler stehen seit Freitag wegen Verkäufen von Schrottimmobilien vor Gericht. Ex-Senator Michael Braun (CDU) hatten Kontakte in dieses Milieu das Amt gekostet.
Er spielt den Coolen, auch noch im Gerichtssaal. Schwarzes Hemd, schwarze Krawatte, glatt rasierter Kopf, lässig Kaugummi kauend. Kai-Uwe K. grinst gen Zuhörer, als am Freitag vor dem Landgericht der Prozess wegen bandenmäßigen Betrugs gegen ihn eröffnet wird. Sechs Jahre soll der 30-Jährige mit seiner Firma KK Royal Schrottimmobilien verkauft haben. Geschäfte, wie sie auch Ex-Justizsenator Michael Braun (CDU) als Notar beurkundet haben soll und die ihn im Dezember nach nur 11 Tagen sein Amt gekostet hatten.
Zwei Stunden lang tragen die Staatsanwälte die Anklage gegen K. und acht Mitbeschuldigte vor: 54 Taten zwischen 2005 und 2011. Unter dem Vorwand eines "Steuersparmodells" habe K.s Firma "unerfahrenen Erwerbern" überteuert baufällige Wohnungen verkauft. Den Käufern seien Mietgarantien und Rendite versprochen worden - die es so nie gab. Viele Wohnungen seien "in desolatem Zustand" gewesen, die Eigenkosten der Käufer "völlig unrealistisch" niedrig angegeben worden.
Oft sei es direkt nach dem Gespräch zum Notar gegangen, ohne dass die Kunden wussten, dass sie bereits einen Vertrag unterschrieben. Bei Banken soll die KK Royal mit gefälschten Gehaltsnachweisen und Kontoauszügen Darlehen ergaunert haben. Der Schaden liegt bei über 1,7 Millionen Euro.
Angeklagt sind auch Steuervergehen. Auch sonst war der Umgang der Makler offenbar robust: Einer Bürgeramts-Mitarbeiterin habe K. gedroht, ihr "die Beine zu brechen". Einem Schuldner soll der KK Royal-Chef mit Hinweis auf ausstehendes Geld gesagt haben: "Das Geld zahlst du so oder so, wenn nicht mit deinem Leben." Der Richter stellt den Angeklagten einen Deal in Aussicht: Höchsttrafe von anderthalb bis fünf Jahren gegen substanzielle Geständnisse.
Die Angeklagten verweigern am Freitag die Aussage. Allesamt sind einst schillernde Gestalten: Kai-Uwe K., seit Juni 2011 in U-Haft, protzte mit seinem Lamborghini, kaufte eine Villa in Brandenburg. Ein Angeklagter gab sich als "Bundessteuerberater" aus. Angeklagt ist auch die "persönliche Sekretärin" von K., eine 25-jährige Blondgefärbte, die Notartermine vorbereitet haben sol.
Ex-Senator Braun habe nicht mit KK Royal zusammengearbeitet, sagt ein Gerichtssprecher. Das "Geschäftsmodell", das ihm öffentlich vorgeworfen worden sei, sei aber identisch. Jürgen Blache von der Schutzgemeinschaft geschädigter Kapitalanleger nannte den Prozess "einen Sieg für den Verbraucherschutz": "Ein Anfang zur Aufklärung dieser kriminellen Strukturen."
K.s Anwalt sieht das anders: "Geld verdienen ist nicht strafbar." Jeder Käufer müsse selbst entscheiden, ob ein Geschäft lohne und sein "Gehirn einschalten". Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt, ein Urteil bisher für Ende März erwartet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“