Prozess wegen Vergewaltigung im Kongo: 20 Jahre Haft für Vergewaltigung
Der erste große Prozess gegen kongolesische Regierungssoldaten wegen Massenvergewaltigungen im Osten des Landes endet mit hohen Haftstrafen.
BERLIN taz | Im bisher größten Prozess wegen Massenvergewaltigungen in der Demokratischen Republik Kongo hat ein Militärgericht im Osten des Landes am Montag einen Oberstleutnant zu 20 Jahren Haft verurteilt. Der 46-jährige Daniel Kibibi Mutware wurde für schuldig befunden, seiner Armeeeinheit am Neujahrstag brutale Übergriffe auf die Zivilbevölkerung der Kleinstadt Fizi in der Provinz Süd-Kivu befohlen und selbst mitvergewaltigt zu haben. Gegen ihn und vier weitere Offiziere hatte die Militärstaatsanwaltschaft die Todesstrafe beantragt.
Die brutalen Vergewaltigungen in Fizi hatten im Januar weltweit Aufsehen erregt. Zwei Tage lang hatten Soldaten der 43. Sektion der Regierungsarmee in der 20.000 Einwohner zählenden Stadt gewütet, nachdem Zivilisten einen Soldaten gelyncht hatten. Die gesamte Bevölkerung Fizis floh vor den Soldaten in den Busch. Aufgrund von Protesten der UNO und Hilfswerken verhaftete die Armeeführung den Kommandanten und weitere Soldaten. Der Prozess gegen 11 Soldaten vor einem mobilen Militärtribunal begann am 10. Februar in der Kleinstadt Baraka. Die Anklage lautete auf Terrorismus und mehrere Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Verschleppung und Vergewaltigung.
Insgesamt 62 Frauen wurden laut Anklage vergewaltigt, eine davon von Oberstleutnant Kibibi persönlich und vierzig Minuten lang. Alle 150 Soldaten der Einheit hätten sich an den Vergewaltigungen beteiligt, so die Anklage. 28 Vergewaltigungsopfer wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt. Am Schluss wurden neben Kibibi drei weitere Offiziere zu 20 Jahren Haft verurteilt, fünf erhielten kürzere Gefängnisstrafen. Einer der Angeklagten stellte sich als 16-Jähriger heraus, obwohl er selbst behauptet hatte, er sei 21. Er soll später vor das nächstgelegene Zivilgericht in der Stadt Uvira gestellt werden.
Das Verfahren wurde national und international als Testfall für eine funktionierende Militärjustiz im Kongo betrachtet. Nach UN-Schätzungen fallen jede Woche 160 Frauen im Kongo einer Vergewaltigung durch Bewaffnete zum Opfer. Ein Kommentator auf der Internetseite des UN-Rundfunksenders "Radio Okapi" im Kongo forderte, die Verurteilten in der Provinzhauptstadt Bukavu öffentlich aufzuhängen.
Ein anderer erwiderte, es sei viel wahrscheinlicher, dass die Soldaten binnen kürzester Zeit gegen Geld freikämen, und nannte die geltenden Tarife: "1.000 bis 2.000 Dollar für eine einfache Flucht, 2.000 bis 5.000 für Flucht mit Eskorte und Schutz, 5.000 bis 7.500 für Flucht mit Eskorte und Reisepass und Grenzübertritt zu Wasser oder zu Lande, mindestens 7.500 für Flucht mit Flugticket und Ausreise am Flughafen."
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