Prozess um Tod zweier Jugendlicher: Freispruch für französische Polizisten

Während einer Verfolgungsjagd durch die Polizei starben in Rennes 2005 zwei Jugendliche. Die Folge waren wochenlange Krawalle. Nun wurde ein Urteil gesprochen.

Nach dem Tod der beiden Jugendlichen gab es wochenlang Krawalle. Busse brannten aus. Bild: ap

RENNES afp | Zehn Jahre nach dem Tod zweier Jugendlicher bei einer Verfolgungsjagd nahe Paris und den folgenden wochenlangen Vorstadt-Krawallen sind zwei Polizisten vom Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung freigesprochen worden. Bekannte der Jugendlichen quittierten das Urteil des Strafgerichts der nordwestfranzösischen Stadt Rennes am Montag mit Unmutsbekundungen, ein Anwalt der Nebenkläger kündigte umgehend Berufung an.

Der Tod des 17 Jahre alten Zyed Benna und des 15-jährigen Bouna Traoré im Herbst 2005 hatte zu wochenlangen Vorstadt-Krawallen in ganz Frankreich geführt: Tausende Autos gingen in Flammen auf, zahlreiche Polizisten wurden verletzt, die Regierung verhängte zwischenzeitlich den Ausnahmezustand. Die Jugendlichen, die offenbar zu Unrecht eines Diebstahls verdächtigt wurden, hatten sich bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei in der Pariser Vorstadt Clichy-sous-Bois in einem Transformatorenhäuschen versteckt. Sie wurden durch einen Stromschlag getötet. Ein dritter Jugendlicher erlitt schwere Verbrennungen.

Einer der nun freigesprochenen Polizisten hatte die Jugendlichen verfolgt und gesehen, wie sie über einen Zaun in Richtung eines Geländes des Strombetreibers EDF kletterten, das noch von einer Mauer gesichert wurde. In einem aufgezeichneten Funkspruch, der später für viel Wirbel sorgten sollte, sagte er seinen Kollegen: „Wenn sie auf das EDF-Gelände gehen, dann gebe ich nicht viel auf ihr Leben.“ Nach eigenen Angaben schaute er dann aber zweimal über die Mauer auf das Gelände und ging letztlich davon aus, dass die Jugendlichen sich dort nicht aufhielten.

Seine am Montag ebenfalls freigesprochene Kollegin befand sich zum Zeitpunkt der Verfolgungsjagd im Kommissariat und verfolgte die Vorgänge über Funk. Auch ihr war vorgeworfen worden, von der Gefahr für die Jugendlichen gewusst, aber nichts unternommen zu haben. Auch sie beteuerte, sie habe nicht geahnt, dass die Jugendlichen in Gefahr schwebten.

Nebenklage kündigt Rechtsmittel an

Die Staatsanwaltschaft glaubte den Ausführungen der beiden Beamten und plädierte daher während des Prozesses im März auf Freispruch. Mit Blick auf den Polizisten vor Ort sagte Staatsanwältin Delphine Dewailly vor Gericht: „Weil er sich keiner Gefahr bewusst war, kann ihm nicht vorgeworfen werden, nicht gehandelt zu haben.“ Den Polizisten hatten fünf Jahre Haft und eine Geldstrafe von 75.000 Euro gedroht.

Der Anwalt der Beamten zeigte sich „erleichtert“ über den Freispruch für seine Mandanten. Für sie gingen damit sehr schwierige Jahre zu Ende. Ein Anwalt der Familien der getöteten Jugendlichen, die als Nebenkläger aufgetreten waren, kündigte dagegen Rechtsmittel an.

Über die juristische Aufarbeitung des Todes der beiden Jugendlichen hatte es ein jahrelanges Hin und Her gegeben, mehrere Staatsanwaltschaften und Gerichte wollten das Verfahren gegen die Polizisten zu den Akten legen. Letztlich kam es dann aber zum Prozess gegen die beiden Beamten.

Der Tod der Jugendlichen und die durch ihn ausgelösten Unruhen hatten ein Schlaglicht auf die von Armut und sozialer Ausgrenzung geprägten französischen Vorstädte geworfen. Dort leben zahlreiche Jugendliche aus Einwandererfamilien, die sich von der Polizei drangsaliert und von der Regierung im Stich gelassen fühlen.

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