Prozess um Mord an Afghanin: Sie hatte oft Hämatome
Im Mordprozess gegen zwei afghanische Brüder sagt eine Freundin der Getöteten aus. Maryam H. habe nur Bruchstücke aus ihrem Leben preisgegeben.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Yousuf H. (27) und Mahdi H. (23) ihre Schwester am 13. Juli 2021 ermordeten, weil diese sich entgegen ihren Moralvorstellungen verhalten habe. Drei Wochen nach ihrem Verschwinden aus einem Berliner Flüchtlingsheim war der Leichnam der Afghanin am 5. August in Bayern gefunden worden.
Es habe sich eine lose Freundschaft entwickelt, sagt A. am Mittwoch. In dem Café sprächen viele Farsi, auch mit Maryam habe sie sich auf Farsi unterhalten. Später habe Maryam sie mit ihrer kleinen Tochter auch zu Hause besucht. Immer habe sie dabei „akribisch“ darauf geachtet, dass kein Mann im Raum gewesen sei. Das sei unehrenhaft für eine Frau, habe sie gesagt. Sie habe das respektiert, sagte die Zeugin, und nicht weiter nachgefragt. So wie auch bei anderen Dingen nicht, sie sei nicht der Typ, der „nachbohrt“.
Maryam sei ein schüchterner Mensch gewesen, habe nur Bruchstücke aus ihrem Leben preisgegeben. Dass sie in Afghanistan zwangsverheiratet worden sei; der Ehemann sie dann in Berlin oft geschlagen habe, „immer auf den Kopf“. Auch, dass sie von dem Mann getrennt sei und einen Freund habe, habe Maryam berichtet.
Auch die Brüder seien Thema gewesen, so A. Maryam habe große Angst gehabt, dass diese ein Video zu Gesicht bekommen, das sie in einer Bar tanzend und ohne Kopftuch zeige. Mit diesem Video sei sie von einer Bewohnerin ihrer Unterkunft erpresst worden. Sie habe Maryam geraten, Strafanzeige gegen die Frau zu erstatten und mit den Brüdern zu sprechen, sagte die Unternehmerin. Maryam habe sie angeguckt, „als ob ich bescheuert wäre, und gesagt: Die bringen mich um.“
Mehrfach habe Maryam bei den Besuchen Hämatome gehabt. Sie sei die Treppe heruntergefallen oder gegen eine Tür gelaufen, habe sie dazu gesagt. Nie habe Maryam diese Verletzungen auf die Brüder bezogen, so die Zeugin. Im August 2020 sei der Kontakt abgerissen. In einer Textmessage habe Maryam geschrieben, sie dürfe nicht mehr kommen. Entweder der Ex-Mann oder die Brüder hätten Probleme gemacht, vermutete A. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Experten warnen vor Trump-Zöllen
Höhere Inflation und abhängiger von den USA
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Klimagipfel in Baku
Nachhaltige Tierhaltung ist eine Illusion