Prozess um Femizid: Bruder gesteht Tat
Im Prozess um den Mord an der 34-jährigen Afghanin Maryam H. hat einer der Brüder ein Geständnis abgelegt. Das Gericht setzt Zeugenvernehmung fort.
Es sei zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen, in der es um Geld für ihre Familie in der Heimat ging, hieß es in der Erklärung weiter. Seine Schwester habe nicht gewollt, dass auch ihre Eltern von Afghanistan nach Deutschland kommen. Im Streit habe er der 34-Jährigen den Hals zugedrückt. Als Kinder hätten sie oft derart gerangelt. „Doch sie wurde schwer und ging zu Boden.“ In Panik sei er auf die Idee gekommen, die Leiche nach Bayern zu bringen. Sein Bruder – gemeint ist der mitangeklagte 23-jährige Mahdi H. – habe lediglich geholfen, den Koffer zu transportieren.
Die Sprecherin der Strafgerichte, Christina von Bothmer, bestätigte den Ablauf gegenüber der taz. Der Prozess vor der 22. Strafkammer des Landgerichts findet seit März statt. Kurz vor dem Termin am 7. September, so von Bothmer, habe der Anwalt dem Gericht signalisiert, dass „am Mittwoch etwas kommt“. Yousuf H. selbst habe nichts gesagt und auch keine Fragen der Prozessbeteiligten beantwortet.
Die Schwester überwacht
Maryam H. hatte sich von ihrem gewalttätigen Ehemann scheiden lassen, war im Begriff, sich zu emanzipieren, und hatte eine Liebesbeziehung zu ihrem früheren Familienhelfer. Die Afghanin war am 13. Juli 2021 aus dem Flüchtlingsheim in Hohenschönhausen verschwunden, in dem sie mit ihren beiden Kindern gelebt hatte. Zeugenaussagen zufolge waren die Brüder zuvor oft bei ihr. Sie hätten die Schwester überwacht, hieß es.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Brüder die Schwester getötet haben, weil sich diese entgegen ihren Moralvorstellungen verhalten habe. Aufzeichnungen einer Überwachungskamera am S-Bahnhof Südkreuz hatten ergaben, dass die Brüder am 13. Juli mit einem schwarzen Rollkoffer in einen ICE gestiegen waren.
Die Auswertung ihrer Mobilfunkdaten erbrachte, dass die Reise nach Donauwörth in Bayern gegangen war. Yousuf H. war dort gemeldet. Seine Lebensgefährtin, die dort lebt, hatte die Polizei drei Wochen später zu der Stelle geführt, wo der Leichnam vergraben worden war. Die Leiche war mit Klebeband an Händen und Füßen gefesselt, auch Mund und Nase waren mit Klebeband umwickelt.
In dem Geständnis hieß es, Yousuf H. habe sich am 13. Juli 2021 mit seiner Schwester getroffen, um für sie und ihre beiden Kinder eine Wohnung zu besorgen. Er habe zuvor noch 400 Euro an die Familie in Afghanistan überwiesen. „Ich wollte unbedingt, dass die ganze Familie hierher kommt, meine Schwester aber war sehr böse auf unsere Eltern.“ Er habe das als respektlos empfunden.
Wie Justizsprecherin von Bothmer sagte, beabsichtigt das Gericht, auch nach dem Geständnis noch viele weitere Zeugen zu hören. Bis Mitte Dezember seien Verhandlungstage terminiert. (mit dpa)
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