Prozess im Mordfall Susanna: Zweites Verfahren gegen Ali B. startet
Der 22-Jährige ist wegen Mordes und Vergewaltigung der 14-jährigen Susanna angeklagt. Außerdem soll er eine 11-Jährige vergewaltigt haben.
Die Wiesbadener Fälle hatten eine bundesweite Debatte ausgelöst, weil beide Beschuldigte Asylbewerber sind. Ali B. hatte sich nach den Taten in den Irak absetzen können und war von dort in einer umstrittenen Aktion vom Chef der Bundespolizei persönlich nach Deutschland zurückgeholt worden.
Beide Strafverfahren werden formal getrennt geführt und doch gehören sie zusammen. Mansoor Q. hatte die Polizei nämlich im Juni vergangenen Jahres, zwei Wochen nach Susannas Verschwinden, zu deren verscharrter Leiche geführt. Er hatte der Polizei Ali B. als Täter benannt. Da in diesem zweiten Verfahren das Opfer ein Kind ist und einer der Angeklagten ein Jugendlicher, dürften JournalistInnen von wesentlichen Teilen des Verfahrens ausgeschlossen werden.
Im Gerichtsaal 0.020 wird es zu einem unfreiwilligen Wiedersehen ehemaliger Kumpel kommen. Vor einem Jahr waren sie noch mit ihrer Clique durch die Stadt gezogen und hatten gemeinsam gefeiert. Nun sitzen sie nebeneinander auf der Anklagebank. Von ihren Aussagen hängt viel ab. Als Mansoor Q. der Polizei im Juni vergangenen Jahres bei der Aufklärung des Mords an Susanna geholfen hatte, war er noch als Held gefeiert worden. Im Verlauf der Ermittlungen ergab sich indes, dass er wohl auch Komplize war.
Der 14-jährige Kumpel hat eine Schlüsselrolle
Dem 14-jährigen Q. kommt nun eine Schlüsselrolle zu. Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass Ali B. Susanna zunächst vergewaltigt und dann umgebracht hat. Das wäre Mord und hieße lebenslange Haft. Die Vergewaltigung bestreitet Ali B. Doch was hat er seinem Kumpel Mansoor unmittelbar nach der Tat gesagt? Außerdem könnte die Aussage der 11-jährigen Zeugin aufschlussreich sein, welche die beiden Angeklagten vergewaltigt haben sollen. In diesem zweiten Verfahren, könnten deshalb auch entscheidende Weichen für den Mordprozess gestellt werden.
Im vergangenen Jahr war öffentlich diskutiert worden, ob der Mord hätte verhindert werden können. Schließlich hatte der Vater des 11-jährigen Mädchens am 17. Mai die Vergewaltigung seiner Tochter angezeigt und einen „Ali“ aus einer Wiesbadener Asylunterkunft als Täter genannt. Fünf Tage später war Susanna erwürgt worden. Den Asylantrag von Ali B. hatten die Behörden längst abgelehnt. Hätte man ihn abschieben können? Viele Fragen, auf die der Prozess vor dem Wiesbadener Landgericht vielleicht Antworten geben kann.
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