Prozess gegen Uli Hoeneß: Belastende Zeugin
Eine Steuerfahnderin erklärt vor Gericht, Hoeneß habe Konto-Unterlagen ein Jahr zurückgehalten. Ein Urteil am Donnerstag wird derweil immer unwahrscheinlicher.
MÜNCHEN dpa/afp | FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß ist vor Gericht von einer Steuerfahnderin massiv belastet worden. Laut der Zeugenaussage der Fahnderin des Finanzamts Rosenheim am Dienstag vor dem Landgericht München II hielt Hoeneß Unterlagen zu seinen zwei Schweizer Konten über ein Jahr vor den Finanzbehörden zurück. Hoeneß' Verteidigung habe die PDF-Dateien erst am 27. Februar abgegeben. Seine Bank habe die Dateien aber bereits am 18. Januar 2013 erstellt.
Hoeneß hatte am 17. Januar 2013 eine Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung abgegeben. Die Staatsanwaltschaft erkannte diese aber als unvollständig nicht an und klagte Hoeneß deshalb wegen Steuerhinterziehung an. Eine entscheidende Frage für die Gültigkeit der Selbstanzeige ist, ob Hoeneß darin umfassende Angaben gemacht hat.
Wie die Steuerfahnderin schilderte, gab es nach der Selbstanzeige mehrere Gespräche und Treffen, bei denen Hoeneß über seine Steuerberater und Anwälte Angaben zur ursprünglichen Anzeige ergänzte oder das Nachreichen von Daten ankündigte - bis hin zu der Übergabe eines USB-Sticks mit den vollständigen Bankunterlagen erst zwei Wochen vor dem jetzigen Prozessbeginn.
Es wird wohl nicht wie ursprünglich angedacht am Donnerstag bereits zu einem Urteil kommen. „Es ist nicht mehr sehr wahrscheinlich, dass es so sein wird“, sagte Gerichtssprecherin Andrea Titz. Sie betonte: „Es ist durchaus davon auszugehen, dass weitere Termine erforderlich sein werden.“
Hoeneß ist wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen angeklagt, die Staatsanwaltschaft ging von einer Steuerschuld von 3,5 Millionen Euro aus. Zum Prozessauftakt am Montag legte Hoeneß überraschend ein umfassendes Geständnis ab, laut dem er mindestens 18,5 Millionen Euro an Steuern hinterzogen hat.
Rücktrittsforderungen mehren sich
Unterdessen mehren sich nach dem neuen Geständnis von Hoeneß die Forderungen nach harten Konsequenzen für den FC-Bayern-Präsidenten. Der Chef der Linkspartei, Bernd Riexinger, verlangte Hoeneß' sofortigen Rückzug von seinem Vereinsamt. „Uli Hoeneß hat Steuern in einem unvorstellbaren Ausmaß hinterzogen. Der Name Hoeneß wird zur neuen Maßeinheit für Steuerflucht werden“, sagte Riexinger der Rheinischen Post. „Er kann nun keinesfalls weiter an der Spitze des FC Bayern bleiben. Ehrlich machen heißt zurücktreten.“
Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) zeigte sich von der Summe des Steuerbetrugs überrascht. Die „noch einmal vervielfachte Summe macht einen fassungslos“, sagte Walter-Borjans den Ruhr Nachrichten. Beim Strafmaß dürfe „die Prominenz keine Rolle spielen“.
Die Juso-Bundesvorsitzende Johanna Uekermann vertrat die Auffassung, bei einer solchen Summe dürften „keine strafmildernden Umstände zugelassen werden“. „Steuerhinterziehung ist kriminell und muss bestraft werden“, sagte die SPD-Politikerin Handelsblatt Online. Hoeneß müsse als Präsident des FC Bayern München zurücktreten.
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