Prozess gegen „Reichsbürgerin“: Geständig, aber „brandgefährlich“
Das Landgericht Lüneburg verurteilt eine 61-Jährige zu einer langen Haftstrafe. Sie hetzte gegen Eingewanderte und gab sich als Rechtsanwältin aus.

F ür drei Jahre und sechs Monate muss die Gründerin des Vereins „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ in Haft. Am Dienstag verkündete die Staatsschutzkammer am Landgericht Lüneburg dieses Urteil gegen die 61-jährige Heike Werding.
Die lange Haftstrafe kam nicht nur zustande, weil Werding den mittlerweile verbotenen reichsideologischen Verein unterstützt hat, sondern auch, weil sie in den sozialen Medien gegen jüdische Menschen und Zugewanderte gehetzt hatte. Sie habe zudem Propaganda gegen Corona-Impfungen verbreitet und sei unter falschem Namen als Rechtsanwältin aufgetreten.
Zwar war die Gründerin des 2020 verbotenen Vereins vor Gericht geständig gewesen und auch nicht vorbestraft, doch konnte das Gericht weder Reue noch Einsicht erkennen. Die Angeklagte sei „brandgefährlich“, hieß es in der Urteilsbegründung, und ihre Worte können andere zu Taten ermutigen.
Aus diesem Grund wollte das Gericht mit aller Härte reagieren, also sich wehrhaft gegen die Feinde des Rechtsstaates zeigen. In Niedersachsen begann Werding als eine der wenigen leitenden Frauen in dieser männerdominierten Szene mit dem Verein „Osnabrücker Landmark“ ihre reichsideologische Karriere.
Überall ist die Verschwörung
Beim Prozessauftakt stritt Werding die Anschuldigungen gar nicht ab, sie sah jedoch keine Rechtsgrundlage für die Anklage. Getreu reichsideologischer Position legte die gebürtige Lüneburgerin später dar, dass das Verfahren nur der Macht von Logenbrüdern und Adelshäusern geschuldet sei, die in der „Firma Germany“ im Hintergrund agierten, die Bundesrepublik also eine GmbH sei. Der Angriff auf die Deutschen beginnt für Werding allerdings nicht erst mit Gründung der Bundesrepublik. Kaiser Wilhelm II. ist für sie ein Staathalter von Freimaurer-Logen gewesen und die „Söhne Jakobs“ strebten früh nach der „Weltherrschaft.
Dem Vatikan unterstünde das Patentrecht und das Grundgesetz sei eine „Besatzungsordnung“. Mit insgesamt 270 „Naturräumen“, in denen sie und ihre Anhänger*innen sich samt deren Kindern niedergelassen haben, sei die Befreiung von der „Firma Germany“ erfolgt.
Ein Zeuge schilderte aber die privaten Konsequenzen dieses Lebenswegs: Zu seiner ehemaligen Lebenspartnerin, die ebenfalls Anhängerin Werdings ist, und seinen zwei Kindern hat der 37-Jährige aus Bremen keinen Kontakt mehr. Sie sind auf der Flucht, so der Zeuge. Der Vater der Lebenspartnerin hatte sich zuerst von Werding beeindrucken lassen.
Der Allgemeinmediziner, der sich auch auf chinesischer Heilkunst fokussierte, stieg bei dem Verein in höhere Funktionen auf und zog die Familie mit in dieses Netzwerk, berichtete der Zeuge. Geld wurde für „Lebensbeurkundungen“, „Heimat-“ und „Einwohnerkarten“ an den Verein gezahlt.
Von seiner Partnerin entfernte sich der Zeuge infolgedessen immer mehr, die finanzielle Situation der Familie spitzte sich zu. Als die Trennung erfolgte, wurde er kurzzeitig obdachlos.
Der Schilderung hörte Werding ohne Regung zu. Nur als der Zeuge über Strukturen und Positionen des Vereins berichtete, schüttelte sie den Kopf. Ihr war anzusehen, dass sie gern ihre Wahrnehmung der Wirklichkeit darlegen wollte.
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