Prozess gegen Manning: Höchstens 90 Jahre für Whistleblower
Der Zusammenlegung einiger Anklagepunkte gegen Bradley Manning wurde stattgegeben. Dadurch verringert sich die maximale Haftstrafe.
WASHINGTON taz | Ein schwacher Trost für Bradley Manning. Dem 25-jährigen US-Whistleblower droht nun eine kürzere Gefängnisstrafe als bislang angenommen. Die Richterin des Militärtribunals in Fort Meade, Denise Lind, gab am Dienstag einem Antrag der Verteidigung statt, einige der Anklagepunkte zusammenzulegen. Dadurch wird die maximale Strafe von 136 auf 90 Jahre Haft verringert.
Die Verteidigung des Wikileaks-Informanten wertete die überraschende Entscheidung der Richterin als großen Teilerfolg. In seinem Antrag hatte Mannings Anwalt David Coombs die Höchststrafe durch die Zusammenlegung der Anklagepunkte ursprünglich auf 80 Jahre reduzieren wollen. Bislang war Lind im Militärprozess eher der Argumentation der Staatsanwaltschaft gefolgt.
Während der Urteilsfindung hatte sie den entsprechenden Antrag der Verteidigung abgelehnt. Bei den Punkten geht es unter anderem um zwei Spionageurteile für die Weiterleitung von Protokollen aus dem Irak- und Afghanistankrieg sowie Straftaten im Zusammenhang mit dem Diebstahl von Dokumenten. Dabei waren zuvor einzelne Prozesse zu jeweils eigenen Anklagepunkten gemacht worden.
„Um sie (die Dokumente; d.Red.) einem unautorisierten Individuum weiterzuleiten, musste er sie sich doch erst einmal holen“, argumentierte Coombs. Manning war vergangene Woche unter anderem wegen Spionage, Geheimnisverrats, Computerbetrugs und Diebstahls in 20 von 22 Punkten für schuldig erklärt worden. Er hat gestanden, rund 700.000 geheime US-Dokumente an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergereicht zu haben.
Im Fernsehsender CNN erklärte am Dienstag der Vater des Verurteilten, Brian Manning, für ihn sei sein Sohn unschuldig. „Logistisch kann ich nicht nachvollziehen, wie jemand derart viele Dateien aus einem Computerraum schmuggeln kann, in dem drei Leute sitzen“, sagte Mannings Vater. „Ich denke, er hat nach Effekten gehascht.“
Richterin Lind wird Mannings Strafmaß voraussichtlich noch in diesem Monat verkünden. Vorher muss sie jeweils rund 20 Zeugen der Anklage und Verteidigung anhören. Ungeachtet der Strafe: Manning kann theoretisch auch vor ihrem Ablauf aus dem Gefängnis entlassen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Desaströse Lage in der Ukraine
Kyjiws Wunschzettel bleibt im dritten Kriegswinter unerfüllt