Prozess gegen Lothar König: „Keine direkten Aufrufe“
Polizisten sagen am zweiten Prozesstag gegen den Jugendpfarrer aus. Der ist wegen der Teilnahme an der Dresdener Anti-Nazi-Blockade vor Gericht.
DRESDEN taz/epd | Im Prozess gegen den Jenaer Stadtjugendpfarrer Lothar König fällt die Anklage wegen schweren Landfriedensbruchs offenbar weiter in sich zusammen: Zwei Polizeizeugen, die am Mittwochvormittag vor Gericht aussagten, konnten nur die Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei vom 19. Februar 2011 schildern.
An diesem zweiten Hauptverhandlungstag machten sie den Pfarrer aber nicht verantwortlich: „Ich habe keine direkten Aufrufe zur Gewalt vernommen“, erklärte Polizeiobermeister Matthias Pfeil. König hatte an der Demonstration gegen Neonazis teilgenommen, die im Februar 2011 an die Zerstörung Dresdens in Zweiten Weltkrieg erinnerten und diesen Gedenktag für ihre eigene Propaganda nutzen wollten. Dem evangelischen Theologen wurden daraufhin schwerer Landfriedensbruch und Strafvereitelung vorgeworfen.
In dem Prozess erklärte Einsatzführer Michael Denin, er habe wohl beobachtet, dass seine Verhandlungspartner sich oft auch am Lautsprecherwagen der Jenaer Jungen Gemeinde abstimmten.
Er hätte jedoch „keinen Sinn darin gesehen“, Maßnahmen gegen den „Lauti“ zu ergreifen, dessen Fahrer Lothar König ihm von Einsätzen in Gorleben bekannt war.
Deeskalierende Aufrufe
Auch ein völlig verwackeltes Polizeivideo, in dem der Kameramann die meisten König-Äußerungen mit eigenen Kommentaren übertönt, belegte eher deeskalierende Aufrufe des Pfarrers. Es zeigte vielmehr, dass auch die Polizei offensiv auf stehende oder langsam gehende Demonstranten einstürmte und einschlug.
Die für den 19. Februar 2011 angeordnete Funkzellenabfrage habe in diesem wie auch in anderen Fällen nichts zur Anklage beitragen können, räumte Staatsanwalt Jürgen Schär als Leiter des Staatsschutzes ein.
Der Verteidiger des Pfarrers, Jony Eisenberg, erinnerte am Mittwoch erneut daran, dass der Bürger das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit genießt und der Staat sich für dessen Einschränkungen zu rechtfertigen habe – und nicht umgekehrt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Syrischer Ex-Diktator im Exil
Assads armseliger Abgang
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken