Prozess gegen Horst Mahler: Verlesung von vier Anklagen
Der neuerliche Prozess gegen den Holocaust-Leugner Horst Mahler hat begonnen. Vier Anklagen sind vor dem Landgericht Potsdam verlesen worden.
Mahler antwortet mit fester Stimme auf die Fragen der Vorsitzenden Richterin Petra Müller, nennt Schlesien als seine Heimat und antwortet auf die Frage nach seiner Staatsangehörigkeit „Deutsches Reich.“ Schließlich stehe Deutschland immer noch unter Besatzungsrecht, meint ein Zuschauer halblaut – und zwingt Richterin Müller zum wiederholten Mal, für Ruhe im Saal zu sorgen.
Anschließend beginnt der Staatsanwalt mit der Verlesung der Anklagen: Insgesamt sechs Anklagen wegen Volksverhetzung und Leugnung des Holocausts hat die für Internetkriminalität zuständige Staatsanwaltschaft Cottbus zusammengetragen. Aufgelistet sind dort elf Schriften, die Mahler zwischen 2013 und 2017 veröffentlicht haben soll. So habe er 2014 während seiner Haft nach Verurteilungen wegen Volksverhetzung eine antijüdische Schrift auf 200 Schreibmaschinen-Seiten getippt, die über einen Mittelsmann im Internet veröffentlicht worden sei. Im Jahr 2016 soll Mahler solche Hetz-Schriften per Email versandt haben, unter anderem an jüdische Gemeinden, Museen, den Zentralrat der Juden in Deutschland, aber auch an ein Ordnungsamt und das Brandenburger Justizministerium.
Darin beschwört der 86-Jährige einen angeblichen Kampf des „deutschen Volksgeistes“ gegen das Judentum, das auf Weltherrschaft ausgerichtet sei, wie der Staatsanwalt zitierte. Damit habe Mahler zum „Rassenhass“ aufgerufen und den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt, so der Staatsanwalt. Gleichzeitig habe der 86-Jährige Adolf Hitler als „deutschesten aller Deutschen“ und „Freiheitskämpfer“ gepriesen.
Mahler lauschte sehr konzentriert dem mehr als zweistündigen Vortrag des Staatsanwalts, der die Hetzschriften ausführlich zitierte. An einer Stelle beschwerte sich der 86-Jährige mit einem lautstarken Zwischenruf, dass der Ankläger nicht den gesamten Text zitiert habe.
Nur drei Stunden verhandlungsfähig
Da Mahler wegen seiner schweren Erkrankungen nur drei Stunden täglich verhandlungsfähig ist, musste der Staatsanwalt bei der vierten Anklage unterbrechen. Die Anklageverlesung soll am Donnerstag fortgesetzt werden. Insgesamt sind bis zum 20. Januar 14 Verhandlungstage vorgesehen.
Der 86-Jährige war bereits mehrfach wegen Holocaust-Leugnung verurteilt worden und hatte seine Freiheitsstrafen von 2009 bis Oktober 2020 mit einer Haftunterbrechung in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel abgesessen. 2015 war Mahlers Haft wegen seiner schweren Erkrankung unterbrochen worden. Als er die Strafe im April 2017 wieder antreten sollte, floh der damals 81-Jährige nach Ungarn und bat dort vergeblich um politisches Asyl. Nach seiner Auslieferung im Sommer 2017 musste Mahler seine Reststrafe absitzen.
Mahler war einst Mitbegründer der linksextremistischen Roten Armee Fraktion (RAF) und distanzierte sich nach einer langen Haftstrafe von seiner terroristischen Vergangenheit. In den 1990er Jahren wandte er sich dem Rechtsextremismus zu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken