piwik no script img

Proteste nach HäftlingstodGegenangriff auf Gaza

Der Tod eines kranken palästinensischen Häftlings führt zu Protesten. Zum ersten Mal seit November griff die israelische Luftwaffe wieder Ziele im Gazastreifen an.

Mitglieder der Hamas protestieren im Norden Gazas nach dem Tod des krebskranken Häftlings Maissara Abu Hamdijeh. Bild: reuters

JERUSALEM taz | Kaum sind die israelischen Pessah-Ferien vorbei, rumort es gleich an drei Grenzen. Zum ersten Mal seit dem Krieg zwischen Israel und der Hamas im vergangenen November griff die israelische Luftwaffe in der Nacht zu Mittwoch wieder Ziele im Gazastreifen an. Stunden vorher hatten Palästinenser zwei Mörsergranaten auf Israel abgeschossen.

Eine möglicherweise verirrte Granate aus Syrien landete am Dienstag auf den von Israel annektierten Golanhöhen. Zu schweren Unruhen kam es zudem im Westjordanland, nachdem ein Palästinenser in israelischer Haft verstarb. Der 63-jährige Maissara Abu Hamdijeh war schwer krebskrank. Neben Israels Siedlungspolitik gehört die Häftlingsfrage zu den heikelsten Themen im Nahostkonflikt.

Vor dem Hintergrund eines seit Monaten andauernden Hungerstreiks mehrerer Häftlinge macht sich Volkes Unmut immer wieder Luft, um gegen Administrativhaft und Haftbedingungen zu protestieren. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nutzte den Tod Abu Hamdijehs, um den Druck auf Israel zu erhöhen und 120 Häftlinge zu entlassen, die seit mehr als 20 Jahren im Gefängnis sitzen.

Gut 4.500 Palästinenser befinden sich derzeit in israelischer Haft, davon knapp 180 ohne Anklage. Aus Solidarität mit Abu Hamdijeh wollen die Häftlinge jetzt für drei Tage die Nahrungsaufnahme verweigern. Mehrere Gefangene und Wärter mussten nach Auseinandersetzungen und dem Einsatz von Tränengas in ärztliche Behandlung. In Hebron, dem Heimatort des Toten, riefen die palästinensischen Behörden zu einem Generalstreik auf.

Vertrauensbildende Maßnahmen

Die Entlassung palästinensischer Häftlinge wird zentrales Thema bei den bevorstehenden Gesprächen zwischen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und US-Außenminister John Kerry sein, der am Wochenende erneut in Jerusalem erwartet wird. Kerry wird beiden Seiten vertrauensbildende Maßnahmen abfordern, um neue Gespräche zu ermöglichen.

Schon während des jüngsten Besuchs von US-Präsident Barack Obama kam es zum Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen. Israel verschärfe daraufhin erneut die Seeblockade. Verteidigungsminister Mosche Jaalon erklärte gestern, dass er „die Hamas für alles“ verantwortlich hält, „was vom Gazastreifen auf auf Israel abgefeuert wird“.

Zu dem Angriff aus Syrien wiederholte Jaalon, dass Israel kein Interesse daran habe, sich in die gewalttätigen Auseinandersetzungen einzumischen. Israelische Soldaten reagierten auf den Angriff mit gezieltem Panzerbeschuss und verletzten dabei mindestens zwei syrische Armeeangehörige.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • VD
    Vielen Dank

    @Hans

     

    Oh, das macht natürlich meine Kritik am Bombardement von Städten im Gazastreifen hinfällig. Vielen Dank, dass Sie mich aufgeklärt haben. Werde auch versuchen es den Menschen im Gazastreifen zukommen zu lassen, dass ihr Gebiet „nicht das am dichtesten Bevölkerte Gebiet der Erde ist", hebt bestimmt die Stimmung beim nächsten Bombenangriff.

  • H
    Hans

    dieses am dichtesten bevölkerte Gebiet der Erde

     

    das und anderen Sachen können Sie so oft schreiben wie sie wollen, stimmen trotzdem nicht.

  • B
    broxx

    Israel sollte die Palis einfach vertreiben! Es könnte dort sehr schön sein ohne diese Terroristen.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Ja, die Seeblockade wurde wieder verschärft. Leider glauben die meisten Israel-Hasser unter den taz-Lesern, dass dadurch der Gaza-Streifen ausgehungert würde. Aber egal. Es will ja sowieso niemand lesen, dass Israel permanent den Gaza-Streifen beliefert. Wozu dann überhaupt erwähnen. Auch die syrischen Verletzten, die von den Israelis behandelt werden ... unwichtig. Solche Meldungen würden nur irritieren und liebgewonnene Feindbilder zerstören.

  • BG
    Bodo Goldmann

    "Gegenangriff?" Sieh mal an. Andere deutsche Medien nennen es "Vergeltungsangriff".

     

    Warum sollte es eigentlich kein Gegenangriff sein, wenn Palästinenser Raketen abschießen?

     

    Auf der Seite der palästinensischen Vertretung in Berlin steht folgendes:

    "Von Ende November (Beginn Waffenstillstand d.V.) bis Ende Februar tötete Israel im Gaza-Streifen vier Palästinenser und verletzte 91. Seit dem Waffenstillstand schossen israelische Soldaten 63 Mal auf palästinensische Zivilisten und 30 Mal griff die israelische Marine palästinensische Fischer an. Nicht zuletzt, insgesamt 13 Mal drangen israelische Truppen in den Gaza-Streifen ein."

     

    Diese Zahlen wurden nicht nur von palästinensischen Quellen erhoben, sondern sind für die Öffentlichkeit auch auf den Seiten des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) allgemein zugänglich.

     

    Aber es gibt keinen Grund, DARÜBER zu berichten?

  • W
    Wälsunge

    "... aber zumindest hätten Sie mitbekommen können, dass Israel in Gaza keine Besatzungsmacht mehr ist."

     

    Dafür haben die "Israelkritiker" sich ja die hübsche Sprachregelung ausgedacht, der Gazastreifen sei "an den Grenzen besetzt". Dadurch wird (unabsichtlich) deutlich, was in den Augen dieser Leute das Problem darstellt: dass auf der anderen Seite der Grenze des Gazastreifens Israel liegt.* Die "Besatzung", gegen die gekämpft wird, ist in Wahrheit die Existenz Israels.

     

    * Und es geht wohl (wen wundert's) um Israel, denn ich habe noch nie davon reden gehört, dass die Grenze des Gazastreifens zu Ägypten "besetzt" sei.

  • V
    Voltair

    Bin immer wieder überrascht über die Blindheit der Israel-Unterstützer .Hamas hat keine Hoheit über seine Küste ,seinen Luftraum und eingeschränkt auch nur im Lande.Aber man will nicht genau hinsehen.sonst wär offensichtlich wer hier der Agressor ist.Der neue amerikanische Verteidigungsminister meinte vor graumer Zeit : "Die Israel-Lobby arbeitet mit allen Mitteln, bis hin zur Erpressung " Mal sehen ,wie lange er im Amt ist.

  • FG
    free gaza from HAMAS

    von Sprung in der Platte

     

    DAS hat du gut gewählt, sprung in der platte passt!

    auch hast du recht, die besatzungsmacht HAMAS ist

    verantwortlich!

     

    erinnere mich gut was passierte als aus georgien raketen nach dem völkerrechtlich zu georgien gehörendes gebiet süd ossetien zurück flogen und angebliche russische bürger gefährdeten.

     

    da rückte russland mit 4000 panzern an, mit marodören, vertreibern, siedlern, ireguleren truppen.... volles programm an.

    lupenreine demokratie halt.

     

    nicht das natanjahu ne neue platte findet

    lass ihm lieber diese mit dem sprung!

  • VM
    Verwundert mich

    .. wie neutral der Artikel über diesen Vorfall berichtet. Man könnte ja fast glauben, es handelt sich hier um einen ganz normalen Konflikt zwischen zwei Staaten wo es kein „richtig" oder „falsch" gibt - wo beide Seiten legitime Gründe haben.

    Dem unwissenden Leser bleibt hier aber verborgen, dass Palästina nicht einmal ein richtiger Staat ist, geschweige denn der Gaza Streifen. Der unwissende Leser ist sich auch nicht bewusst, dass die West Bank von Israel besetzt ist und Teile weiterhin kolonisiert und annektiert werden. Und der Gazastreifen ist vollkommen isoliert von der restlichen Welt, die 1,7 Millionen Menschen können ihr 360 km2 kleines Gefängnis nicht verlassen. In regelmäßigen Abständen bombardiert Israel dieses am dichtesten bevölkerte Gebiet der Erde als Reaktion auf „Angriffe die auf die Vernichtung Israels abzielen". Israel hat aber immerhin das Recht sich selbst zu verteidigen - gegen die Menschen in den Gebieten die es besetzt und kolonisiert.

    Ja, in der Tat, Menschen ohne tiefere Kenntnis von dieser Situation, könnte wirklich denken es handelt sich hier um einen Konflikt.

  • L
    Leonie

    Danke Frau Knaul, ich habe ihre Beiträge fast schon vermisst.

     

    Hatte schon fast Angst, die Taz lässt ihr Lieblingsthema zur Randnotiz verfallen. Aber nein, fetter Aufmacher, weiter geht's.

     

    Ostern ist traditionell das richtige Datum, um den Kurs wieder aufzunehmen.

  • DH
    Die HAMAS

    ist eine TERRORORGANISATION, die bekämpft werden muss! Mit ihr kann man nicht verhandeln, weil sie ISREAL um jeden Preis vernichten will. Mit ihr gibt es keine ernsten Verhandlungen.

  • E
    end.the.occupation

    > Hamas hat innerhalb Gazas volle Souveränität ...

     

    über den zu Lande, zu Wasser und von der Luft aus abgeschotteten Landstreifen, in dem circa 1.7 Millionen Menschen leben, was rund 25% der jüdischen Bevölkerung Israels entspricht.

    Und einem UN-Bericht zufolge wird ein Überleben in Gaza ab 2020 kaum mehr möglich sein.

     

    Souverän in einem israelischen Lager.

  • R
    Rafael

    Bei so einer einseitigen Berichterstattung müssen Sie sich nicht wundern, dass man die taz nicht mehr abonnieren will. Der Heftling ist ein Krebsleiden erlegen, daraufhin kam es zum Rakettenbeschuß aus dem Gasastreifen, was zu der Reaktion von Israel führte.

    Das wäre eine objektive Berichtersattung.

  • H
    Harald

    Merkwürdig, daß nie auch nur ein Wort darüber fällt, weshalb diese Leute im Knast sitzen. So vergeht kein Tag, an dem nicht z.B. Autofahrer mit Steinen beworfen werden, wobei es ständig zu Verletzungen, auch schweren, kommt.

     

    Ist nicht so schlimm? Kein Grund, der Steinewerfer habhaft zu werden? Wenn in der Dunkelheit ein Wacker die Windschutzscheibe während der Fahrt durchbirst? Ach so, bei Israelis ist das was anderes.

     

    Bei den Langzeithäftlingen handelt es sich ausschließlich um Mörder und Massenmörder an Zivilisten. Wobei etliche bereits zuvor für Gilad Schalit freigepresst wurden.

     

    "Gut 4.500 Palästinenser befinden sich derzeit in israelischer Haft, ... "

     

    Weiter nördlich wäre das eine halbe Monatsration für die Killing Fields. In Israel werden Mörder vor Gericht gestellt und zu Gefängnis verurteilt.

     

    Wie es in Gefängnissen der PA zugeht, kann der geneigte Leser hier nachsehen:

    http://www.jpost.com/MiddleEast/Article.aspx?id=305079

     

    @ Sprung in der Schüssel

    Wer wollte dir widersprechen, daß Hamas von den Mullahs mit Waffen und Geld versorgt wird.

     

    Was die Besatzung betrifft, so ist Israel im Jahr 2005 vollständig aus Gaza abgezogen. Ich weiß, für islamische Vorstellungen keine lange Zeit, aber immerhin.

  • A
    "Held"

    Der krebskranke Häftling ist für seine Rolle in einem verhinderten Selbstmordanschlag von 2002 in einem Jerusalemer Restaurant verurteilt worden. Dass die Hamas so etwas als Helden feiert, ist bekannt, dass die Fatah hierbei mitmacht, bedenklich. Den Verteidigern solcher Typen im Westen (ja, die gibt es) aber meine tiefste Verachtung.

  • D
    D.J.

    @Sprung in der Platte,

     

    mich wundert eigentlich in Richtung "Israelkritiker" gar nichts mehr, aber zumindest hätten Sie mitbekommen können, dass Israel in Gaza keine Besatzungsmacht mehr ist.

    Hamas hat innerhalb Gazas volle Souveränität und somit auch die Pflicht, ggf. von anderen Gruppen unternommene Raketenangriffe zu unterbinden zu versuchen. Eigentlich ganz einfach, wenn man es denn verstehen möchte.

  • SI
    Sprung in der Platte

    "...dass er „die Hamas für alles“ verantwortlich hält, „was vom Gazastreifen auf auf Israel abgefeuert wird“..."

     

    vielleicht sollte man sich dabei mal von israelischer Seite abstimmen, denn sonst wird auch gern verbreitet, dass der Iran hinter allem stecke.

     

    Letzlich aber ist ohnehin die Besatzungsmacht für alles verantwortlich, was im Gazastreifen, aber nicht nur dort, passiert,

    wird also Zeit, dass Netanjahu und Co. mit dieser Platte nicht mehr durchkommen.