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Proteste in der UkraineParlament stimmt über Regierung ab

Trotz Eiseskälte haben erneut Tausende Regierungsgegner die Nacht in Zelten im Regierungsviertel verbracht. Das Parlament entscheidet über einen Misstrauensantrag.

Im Regierungsviertel in Kiew blockierten erneut Hunderte Demonstranten den Zugang zu den Ministerien. Bild: reuters

KIEW dpa | Mehrere Tausend Demonstranten haben in der ukrainischen Hauptstadt Kiew bei einer Kundgebung vor dem Parlament die Abwahl der Regierung gefordert. Sicherheitskräfte der Sondereinheit Berkut (Steinadler) riegelten das Gebäude ab.

Die Oberste Rada will auf Antrag der Opposition um Boxweltmeister Vitali Klitschko am Dienstag über einen Misstrauensantrag gegen Ministerpräsident Nikolai Asarow entscheiden. Der Ausgang gilt als ungewiss.

Im Regierungsviertel in Kiew blockierten erneut Hunderte Demonstranten den Zugang zu den Ministerien. Auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz (Maidan) forderte Ex-Innenminister Juri Luzenko unterdessen die Menge auf, in ihren Protesten nicht nachzulassen. Trotz Temperaturen unter dem Gefrierpunkt hatten in Kiew mehrere tausend Oppositionsanhänger erneut die Nacht in Zelten verbracht.

Die inhaftierte Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko rief die Europäische Union zur Unterstützung der Regierungsgegner in der früheren Sowjetrepublik auf. Der Westen dürfe die „autoritäre Politik“ von Präsident Viktor Janukowitsch nicht dulden, zitierte ihre Tochter Jewgenija Timoschenko aus einer Botschaft. Ihrer Mutter gehe es trotz eines achttägigen Hungerstreiks gut, sagte sie in einer Mitteilung von Timoschenkos Vaterlandspartei. Julia Timoschenko protestiert mit der Nahrungsverweigerung dagegen, dass die Führung um Janukowitsch ein Assoziierungsabkommen mit der EU auf Eis gelegt hat.

Asarow hatte die Entscheidung vor wenigen Tagen bekanntgemacht. Die Ukraine wollte eine Pause, um mit der EU und dem Nachbarn Russland neu zu verhandeln. Damit der Regierungschef seinen Posten verliert, sind im Parlament mindestens 226 Stimmen nötig.

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2 Kommentare

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  • N
    NoBordersNoNations

    Schade, dass auch die TAZ bei der linientreuen EU-Propaganda mitspielt und nicht etwa die Angleichung der Ukraine an die EU auch kritisch betrachtet. Es wird zum Beispiel kein Wort darüber verloren, dass es am 28.11. auch Demos gegen die EU in Kiev gab.

    Der Text spricht ausschließlich von den EU-Demonstrant_innen. Auch Klitschko und Timoschenko, die in dem Text zu Wort kommen, sind für das Assoziierungsabkommen mit der EU.

    Warum werden nicht auch Gegner_innen der EU-Angleichung zitiert. Menschen, die meinen, dass die Troika, IMF-Diktate, der US/EU-Imperialismus für die Selbstbestimmung der ukrainischen Bevölkerung nichts übrig hat.

    Und dafür muss man nicht gleich pro-Russland sein…

    Die Berichterstattung über die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine könnten kaum unterschiedlicher bewertet werden von den verschiedenen Couleurs der freien..hust... Presse….....

  • VG
    Voll gespannt

    Sehr seltsam, wie die Medien (Fernsehen) hierzulande für die Ukraine in die Presche springen: "ja, die armen Menschen wollen in die EU und haben diese böse Regierung die sofort abgeschafft werden muss". "Und schließlich muss man sich doch vom bösen Putin trennen". Vergleichen wir das mit der Türkei: hier hat man erst mal lange Zeit den Protesten zugeschaut, bis man großartig darüber berichtete. Zuerst ging es dann lange um Bäume und Umwelschützer, bis nach und nach immer mehr herauskam und die Medien es aufzeigen mussten, dass es um Herrn Erdogan, seiner AKP und was die all so treiben geht. Aber hier: "Ja Mensch, der Erdogan ist doch eigentlich so gut", hieß es lang. Erdogan ließ wochenlang Demonstranten niederknüppeln. Es gab Tote usw. "Oh nein, hörte man oft, die Türkei bloß nicht in die EU mit diesen Randalierern (Protestlern) im Petto". Aber die Ukraine:"die armen Menschen müssen sich halt wehren..." Seltsam, seltsam... Ich bin gespannt, wann die ersten Stuttgart 21 Vergleiche zu vernehmen sind...