piwik no script img

Proteste in der ElfenbeinküsteMehrere Tote bei Demonstrationen

Mindestens vier Menschen sind bei Protesten gegen eine erneute Amtszeit des Präsidenten gestorben. In mehreren Städten kam es zu Ausschreitungen.

Nicht einverstanden mit Präsident Quattaras dritter Amtszeit: Demonstranten am 13. August in Abidjan Foto: Thierry Gouegnon/reuters

Cotonou taz | In der Elfenbeinküste ist nun eingetreten, was Beobachter*innen schon vor Wochen befürchtet haben. Bis zu den Präsidentschaftswahlen am 31. Oktober sind es zwar noch elf Wochen. Doch schon jetzt kommt es zu blutigen Ausschreitungen zwischen Anhänger*innen des Lagers des früheren Präsidenten Laurent Gbagbo, Unterstützer*innen der Regierung sowie den Sicherheitskräften. Am Mittwoch und Donnerstag sind bei Protesten mindestens vier Menschen getötet und knapp 90 verletzt worden.

Es ist gerade einmal eine Woche her, dass Amtsinhaber Alassane Ouattara (78) offiziell bekannt gegeben hat, nach zehn Jahren an der Macht erneut Präsidentschaftskandidat der RHDP (Sammlung der Houphouetisten für Demokratie und das Volk) zu werden. Es wäre das dritte Mal, obwohl die Verfassung nur zwei Amtszeiten erlaubt.

Die Proteste fanden gleich in drei Städten des 27,4 Millionen Einwohner*innen zählenden Landes statt, das der weltweit größte Kakaoanbauer ist. Zentrum der Demonstrationen in Abidjan ist das dicht bevölkerte Viertel Yopougon gewesen. Jugendliche verbrannten dort Autoreifen. Die Polizei setzte Tränengas ein. Die Demonstrationen waren zuvor verboten worden.

Bereits am Dienstag war es in Daoukro, gut 230 Kilometer nördlich der Wirtschaftsmetropole Abidjan, zu ersten Ausschreitungen gekommen, die sich am Mittwoch verschärften. Es ist die Geburtsstadt des ehemaligen Präsidenten Henri Konan Bédié (86), der als Kandidat für die ivorische Demokratiepartei (PDCI) antritt. Ein drittes Mandat für Ouattara hatte er immer wieder als „illegal“ bezeichnet.

In Daoukro gilt Ausgangssperre

Bei den Protesten, bei denen Medienberichten zufolge junge Anhänger*innen der verschiedenen politischen Lager unter anderem mit Steinen aufeinander losgegangen waren, kamen drei Menschen ums Leben. Bédié sprach später von „Unterdrückung und brutalen Angriffen auf junge ivorische Demokrat*innen, die friedlich gegen die Kandidatur von Alassane Ouattara demonstriert“ haben. Auch erlaube die Verfassung friedliche Demonstrationen. In Daoukro gilt mittlerweile zwischen 19 und 6 Uhr eine Ausgangssperre. Inzwischen ist es in der Stadt wieder ruhiger geworden.

Zu Ausschreitungen ist es außerdem in Bonoua gut 60 Kilometer südöstlich von Abidjan gekommen. Dort starb ein 18-Jähriger. Unter anderem sollen Demonstrant*innen in die Polizeistationen eingedrungen sein. Die Lage gilt weiter als angespannt.

Bonoua ist die Geburtsstadt der einstigen First Lady Simone Gbagbo, die dort bis heute zahlreiche Unterstützer*innen hat. Das zeigen immer wieder Fotos und Videoaufnahmen, wenn die 71-Jährige dort öffentlich auftritt, wie zuletzt am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Sie kritisierte, dass ihr Mann Laurent Gbagbo von der Kandidatenliste gestrichen wurde. Auch forderte sie für ihn ein Amnestiegesetz.

In der Elfenbeinküste war nach der Wahl 2010 ein Bürgerkrieg ausgebrochen, weil der damalige Präsident Gbagbo seine Wahlniederlage nicht akzeptieren wollte. Bei Kämpfen zwischen Anhängern Outtaras und Gbagbos wurden damals nach Schätzung von Menschenrechtlern mindestens 3.000 Menschen getötet.

Der eigentliche Spitzenkandidat war verstorben

Erst mit französischer Unterstützung konnte Ouattara im April 2011 als Staatschef vereidigt werden. Gbagbo und einer seiner Minister, Charles Blé Goudé, mussten sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag für die Gewalt verantworten, wurden jedoch 2019 aus Mangel an Beweisen freigesprochen.

Simone Gbagbo rief die regierende RHDP dazu auf, sich mehr Zeit bei der Suche nach einem Nachfolger zu nehmen. Ouattara wurde kurzfristig erneut nominiert, da Amadou Gon Coulibaly, der eigentlich Spitzenkandidat war, Anfang Juli verstarb. (mit epd)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!