piwik no script img

Proteste in Peru halten anMindestens zwei Tote

In Lima demonstrieren Tausende Menschen gegen die Regierung von Präsidentin Dina Boluarte. Es kommt zu massiven Konfrontationen mit der Polizei.

Großdemo in Lima: Die Proteste gegen die Regierung in Peru reißen nicht ab Foto: Martin Mejia/ap

Lima ap/epd | Bei Großprotesten gegen Perus Regierung ist es zu Ausschreitungen mit mindestens zwei Toten gekommen. Organisationen von Indigenen und Landarbeitern hatten am Donnerstag (Ortszeit) zu einem Generalstreik und einem Sternmarsch nach Lima aufgerufen. Demonstranten durchbrachen dabei von Sicherheitskräften errichtete Straßensperren, wie die Tageszeitung La Republica berichtete. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen im Stadtzentrum von Lima.

Im Süden von Peru blieben in den Städten Puno, Arequipa, Ica und Cusco Schulen und Universitäten geschlossen. Zeitweise wurde der Flugverkehr ausgesetzt.

In Lima kam es zu schweren Zusammenstößen zwischen Protestierenden und der Polizei. Sicherheitskräfte setzten am Donnerstag (Ortszeit) Tränengas ein, um Tausende Demonstranten in Schach zu halten. In der historischen Altstadt kam es dennoch zu Handgemengen zwischen beiden Seiten. Beamte hinderten die Protestteilnehmer daran, vor den Kongress und andere Regierungsgebäude zu ziehen oder in Geschäfts- und Wohnviertel zu gelangen.

Viele der Demonstranten reisten aus abgelegenen Andenregionen an. Sie forderten den Rücktritt der neuen Präsidentin Dina Boluarte, die Freilassung ihres Vorgängers Pedro Castillo sowie die Auflösung des Kongresses und unverzügliche Neuwahlen. Castillo, erster Staatschef Perus aus einer ländlich geprägten und vernachlässigten Anden-Region, war im Dezember nach seinem Versuch gestürzt worden, das Parlament aufzulösen, um einem Amtsenthebungsverfahren zuvorzukommen.

Mehrheit steht hinter den Protesten

Boluarte hat den Ausnahmezustand in der Hauptstadt Lima und unter anderem auch in Cusco, Puno und Callao erklärt. Dadurch werden Grundrechte ausgesetzt und die Befugnisse der Sicherheitskräfte erweitert. So kann auch das Militär eingreifen.

Angesichts der Gewalt der Sicherheitskräfte steht eine Mehrheit der Bevölkerung hinter den Protesten. Laut dem Umfrageinstitut Ipsos lehnen 71 Prozent die Regierung von Boluarte ab, 80 Prozent den Kongress.

„Wir haben straffällige Minister, Präsidenten, die morden, und wir leben wie Tiere inmitten von so viel Reichtum, den sie uns jeden Tag stehlen“, sagte Samuel Acero, ein Bauer, der ein regionales Protestkomitee für die Andenstadt Cusco leitet. „Wir wollen, dass Dina Boluarte geht, sie hat uns belogen“, sagte er. Die Wut auf die seit Dezember amtierende Staatschefin zog sich wie ein roter Faden durch die Szenerie. Straßenverkäufer boten T-Shirts feil, auf denen gegen Boluarte gewettert wird.

Die Proteste erstreckten sich bislang vor allem auf die südlichen Anden. Mindestens 54 Menschen kamen im Zuge der Unruhen ums Leben, die meisten davon bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • In Peru hat eine neoliberale Clique die Macht an sich gerissen und geht nun mit Methoden die sich von denen des Mullah Regimes kaum unterscheiden gegen Menschen vor die von Ihrem Demonstrationsrecht gebrauch machen. Seit der Machtergreifung im Dezember wurden von den Sicherheitskräften ca. 60 Menschen erschossen, hunderte schwer verletzt, willkürliche Verhaftungen, gezielte Ermordung von Landarbeiterführern,.... kritische Medien werden verboten, kritische Blogger eingesperrt. Es ist eine brutale Diktatur. Um so erstaunter war ich bei den Reisewarnungen des "grünen" Außenministeriums nur von gewalttätigen Demonstranten zu lesen . Was für eine Verdrehung der Tatsachen!

  • Ich wünsche den indigenen Landarbeiter*innen viel Erfolg bei ihren Protesten … und wundere mich gleichzeitig, dass ihre Anliegen und politischen Forderungen hier bei uns nicht die gleiche Aufmerksamkeit erfahren wie aktuell die Proteste im Iran gegen das Mullah-Regime.



    Der Kampf gegen Ausbeutung, himmelschreiende Armut und Unterdrückung in den Anden-Ländern … kein Thema mehr für die politische Linke im Westen?