Proteste in Armenien: Umweltaktivisten schlagen Alarm

Die Regierung macht sich für den Weiterbau einer Goldmine stark. ExpertInnen befürchten katastrophale Folgen für die Umwelt.

Ein Mann mit grauem Bart im Profil

Zielscheibe wütender DemonstrantInnen: Armeniens Premier Nikol Paschinjan Foto: reuters

BERLIN taz | Wir wollen kein Gold, gebt uns unseren Berg zurück.“ Seit einer Woche demonstrieren UmweltschutzaktivistInnen vor dem Gebäude der Regierung in der armenischen Hauptstadt Jerewan. Der Grund: Regierungschef Nikol Paschinjan hat grünes Licht für den Ausbau eines umstrittenen Goldminenprojekts am Berg Amulsar gegeben.

Am 19. August gab er bekannt, seine Regierung werde der Firma Lydian erlauben, die Mine in Betrieb zu nehmen. Die Schäden, so Paschinjan, seien „so winzig, wie ein Auto am Strand zu waschen“. Er stützt sich auf neue Ergebnisse eines Umweltgutachtens, das die libanesische Beratungsfirma ELARD erstellt hatte.

Seit der Veröffentlichung des Berichtes gehen DemonstrantInnen auf die Straße. Sie blockieren das Parlamentsgebäude und den gegenüber liegenden Präsidentenpalast. Aufgrund von Zusammenstößen zwischen DemonstrantInnen und Polizeikräften wurden bislang sechs Menschen festgenommen.

Armenien erlebt derzeit die größte Protestbewegung, seit dem Machtantritt des damaligen Oppositionspolitikers Nikol Paschinjan im Frühling 2018 im Zuge der „Samtenen Revolution“. Viele ArmenierInnen sind enttäuscht, da Paschinjan versprochen hatte, sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen und gegen das korrupte Regime vorzugehen.

Gefahr für Sevan-See

WissenschaftlerInnen und UmweltschutzaktivistInnen sind alarmiert: Die Goldmine werde katastrophale Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem haben. Vor allem der Sewansee, mit knapp 1.300 Quadratkilometern Fläche der größte Süßwassersee des gesamten Kaukasus’, sei in Gefahr. Die Mine befindet sich in dem Kurort Dschermuk, dessen Mineral- und Thermalquellen seit Sowjetzeiten berühmt sind.

Laut armenischen Medien soll Lydian der Regierung gedroht haben, Schadenersatz in Höhe von bis zu zwei Milliarden US-Dollar zu fordern, sollte sie sich aus dem Projekt zurückziehen. Lydian ist in Großbritannien registriert, mit Sitz in den USA.

Die Firma begann im August 2016 Bergbauanlagen in Armenien zu bauen. Bereits damals hatten BewohnerInnen protestiert, als riesige Flächen mit Aprikosenbäumen vernichtet wurden, um eine Straße bis zu der Mine zu bauen. Der Bauprozess wurde gestoppt.

Das Wirtschaftsministerium hofft vom Wachstum im Bergbausektor profitieren zu können. Lydian werde Gold im Wert von 250 Millionen US-Dollar pro Jahr produzieren, etwa 4.000 Arbeitsplätze schaffen und jährlich rund 50 Millionen US-Dollar Steuern zahlen.

Verschweigen von Risiken

Laut Berichten lokaler ExpertInnen, verschweigen Lydian und die armenische Regierung mögliche Risiken. Die Juristin Nazeli Vardanjan spricht von Verstößen gegen nationale Gesetze sowie internationale Verträge wie die Europäische Landschaftskonvention.

Vardanjan ist überzeugt, dass Paschinjan ausreichend rechtliche Gründe hätte, den Betrieb der Amulsar-Mine zu verbieten. „Sonst werden wir für mehrere Generationen zur Geisel eines Unternehmens wie Lydian“, sagt sie.

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