Proteste gegen Luft- und Lärmbelästigung: Spanien probt den Verkehrsaufstand
„Schulrevolte“ heißt die Initiative, die in vielen spanischen Städten demonstriert. Nicht etwa gegen das Bildungssystem, sondern gegen Autowahn.
„Die Situation an vielen Schulen ist unerträglich“, sagt Guille López. Der Vater zweier Grundschüler gehört zu Eixample Respira – übersetzt: Eixample atmet. Eixample ist ein Teil der Innenstadt von Barcelona, von wo die Proteste im Dezember ihren Ausgang nahmen. Eixample Respira hat eine Karte erstellt, die Luftverschmutzung und Lärmbelastung zeigt. Rund die Hälfte der Schulen in Barcelona liegen in Zonen, die die europäischen Grenzwerte für Luftverschmutzung überschreiten.
Die Revuelta Escolar – die Schulrevolte – blockierte vor den Weihnachtsferien erstmals den Verkehr an 17 Schulen in der katalanischen Hauptstadt im Nordosten Spaniens. „Es geht nicht nur um die Luft. Der Verkehrslärm beeinflusst auch die Konzentration der Kinder und damit das Lernverhalten“, erklärt López, warum Kinder und Eltern die Verkehrsberuhigung rund um die Schulen fordern.
Die Aktionen finden mittlerweile alle zwei Wochen statt. Schnell schlossen sich andere Städte Kataloniens an. Am Freitag sind erstmals auch die spanische Hauptstadt Madrid und das baskische Bilbao mit dabei. „Wir hielten Anfang des Monats ein Onlineseminar zum Thema ab“, berichtet López. Über 140 Teilnehmer aus ganz Spanien schalteten sich zu. „In zwei Wochen werden weitere Regionen dem Blockadeaufruf folgen“, ist er sich sicher.
Mehr als Luft- und Lärmbelästigung
„Das war genau das, was schon lange mal nötig war“, sagt Yetta Aguado von der Gruppe Mütter für das Klima in Madrid. Als sie von den Protesten in Barcelona hörte, war sie sofort von der Idee angetan. Sie warb dafür in ihrem Umfeld. Mit Erfolg: 9 hauptstädtische Schulen sind erstmals mit dabei. Weitere Elternvertretungen haben bereits ihr Interesse für die Aktion in 2 Wochen bekundet.
„Das Problem geht weit über Lärm und Luftbelastung hinaus“, sagt Aguado. Ihr geht es um die Verkehrspolitik im allgemeinen. „Während geduldet wird, dass Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto bringen und abholen, in zweiter Reihe parken, gibt es keine Stellplätze für Fahrräder“, beschwert sie sich. Oft sei der Verkehr zum Schulschluss völlig chaotisch und damit gefährlich für Kinder und Eltern, die zu Fuß unterwegs seien.
Klimabewegung setzt den Rahmen
„In Madrid hat die neue, konservative Stadtverwaltung sogar Verkehrsbeschränkungen in der Innenstadt zurückgenommen, die von der vorherigen Bürgermeisterin eingeführt wurden“, so Aguado. Sie wünscht sich eine „freundliche, menschlichere Stadt“, in der Kinder „sicherer und selbstständiger“ leben könnten. „Verkehr ist auch Stress.“ Aguado hofft, dass Aktionen wie die Schulrevolte die Mentalität der Bevölkerung ändern.
„Dass jetzt auch Madrid und Bilbao mitmachen, zeigt, dass das der Verkehr überall Sorgen bereitet“, erklärt López von Eixample Respira in Barcelona. Für ihn ist die Schulrevolte eine Ergänzung zu den Schulstreiks der Klimabewegung Fridays for Future. „Das ist mehr etwas für Mittel- und Oberschüler, während wir an den Grundschulen mobilisieren“, sagt er.
Die Initiatoren der Schulrevolte haben Großes vor. Sie arbeiten an der Ausweitung der Proteste auf ganz Europa. Am 22. März wird erstmals ein EU-weites Treffen im Netz stattfinden. „Wenn alles klappt wie geplant, werden wir noch vor Ende des Schuljahres einen Europa-Aktionstag abhalten“, kündigt López an. Die Webseite revueltaescolar.es kann deshalb neben Spanisch und Katalanisch auch auf Französisch und Englisch angeschaut werden.
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