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Proteste gegen GelöbnisWieder Krach am Bendlerblock

Kriegsgegner wollen wieder gegen das Berliner Bundeswehr-Gelöbnis demonstrieren. Die Armee ist aber längst auch anderswo in der Stadt aktiv.

Werden die Rekruten in Berlin ungestört geloben? Bild: dapd

Wenn am heutigen Freitagabend ab 19 Uhr rund 400 Bundeswehrsoldaten in Berlin ihr „Feierliches Gelöbnis“ ablegen, gibt es erstmals seit drei Jahren wieder Protest. Militärgegner rufen unter dem Motto „Krieg beginnt hier, Widerstand auch“ zu einer Demonstration auf – Endpunkt: „Gelöbnis“. Die Polizei rechnet mit 200 Teilnehmern.

Anders als in den vergangenen Jahren geloben die Rekruten diesmal nicht vor dem Bundestag, sondern – wie bis 2007 – im Bendlerblock, auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums. Prominentester Gast ist Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). Hans-Jacob Hein, Sprecher des Ministeriums, sagte, das Gelöbnis werde nach Absprache von de Maizière und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) nun im jährlichen Wechsel vor dem Bundestag und im Bendlerblock stattfinden. „Der eine Ort unterstreicht den Charakter der Parlamentsarmee, der andere die historischen Wurzeln.“ Im Bendlerblock traf sich die Widerstandsgruppe des Hitler-Attentats vom 20. Juli 1944.

War das Gelöbnis traditionell von nacktem und lautstarkem Gegenprotest begleitet, blieb dies in den letzten Jahren aus. Diesmal wolle man „die Gegnerschaft zu Krieg und Militarisierung wieder sichtbar machen“, so Alina Meyer vom Gelöbnix-Bündnis. Deren Protestzug soll um 17 Uhr am U-Bahnhof Heinrich-Heine Straße beginnen und zum Bendlerblock führen. Zumindest fast: Die Demo endet laut Polizei rund 200 Meter davor und auf dem anderen Ufer des Landwehrkanals. Meyer kritisierte dies als „Einschränkung der Versammlungsfreiheit“. Sicher gebe es aber dennoch Aktionen, „die den Ablauf der Zeremonie durcheinanderbringen“. Ministeriumssprecher Hein nannte die Proteste „legitim“, solange diese das Gelöbnis nicht störten.

Die Kriegsgegner kritisieren, die Gelöbnisse sollten „Akzeptanz und Ansehen des Militärs in der Bevölkerung steigern. Das versucht die Bundeswehr aber auch so, verstärkt seit der Aussetzung der Wehrpflicht im Juli 2011. Traten im Sommer 2011 in Berlin noch 600 Rekruten ihren Dienst an, waren es im Oktober nur mehr 160 jetzt "Freiwillig Dienstleistende".

2011 warb die Armee bundesweit auf 1.511 Messen um Personal, hielt 627 Vorträge in Arbeitsagenturen. Wie viele in Berlin, beantwortete sie nicht. Zudem hielten Wehrdienstberater bundesweit 10.889 Vorträge in Schulen. Für Berlin liegen nur Zahlen von 2010 vor: Da waren es 183 Schulen. Darunter, so die Bildungsverwaltung, seien aber auch Jugendoffiziere gewesen, die keine Nachwuchswerbung betrieben.

Das geht aber auch beim Fußball: Dort kauft die Bundeswehr in diesem Jahr für 31.000 Euro Bandenwerbung beim FC Union und für 127.000 Euro bei Hertha. Der Erfolg mancher Maßnahmen hält sich dennoch in Grenzen: Für Lehrer wurden in den letzten Jahren sechs Fortbildungen über die Bundeswehr angeboten. Mangels Interesse fand nur eine statt. Mit sieben Teilnehmern.

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5 Kommentare

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  • M
    menschenfreund

    Manchen Repliken merkt man den Schaum vorm Mund geradezu an...

    Wenn z.B. von "Friedenbewegten" 1933-1945 die Rede ist, spricht man von anderen Größen, von erheblich anderen Risiken als heute.

    Sie erhoben auch keinen Anspruch auf geradezu päpstliche Unfehlbarkeit.

    Mein Großvater, Vater von drei Kindern und weder berühmt noch wohlabend, auch nicht im Besitz von Vitamin "B", bekam schon 1933 einen Brief, "unterschrieben" von "die NSDAP", in dem es hieß, er solle seine Reden gegen die Sache des Nationalsozialismus einstellen, sonst wisse er genau, was mit ihm geschehe (Schreiben liegt mir vor).

    Allein dieser Brief zeigt, welchen Risiken man sich als "nicht Nazi" aussetzte, wenn man sich für Frieden und gegen Nazis einsetzte.

    Was riskieren die heutigen "Friedensbewegten"? Meistens nicht mehr als ein großes Wort - ohne jegliches Risiko.

    Unsere Soldaten, die Soldaten eines demokratischen Staates, die Soldaten einer Parlamentsarmee riskieren da wesentlich mehr, und dafür verdienen sie unsere Achtung.

  • F
    flopserver

    @menschenfreund und der Kritiker:

    Das war z.B. der Zivilist Georg Elser, der viel weitsichtiger war als viele des Staufenberg-Kreises und auch ein "Attentat verübt und dafür sein Leben gelassen" hat, falls Ihnen Letzteres wichtig sein sollte, menschenfreund.

     

    PS: Da Sie in diversen Foren ihre Floskel vom "Gehirn einschalten" wiederholen, wie mir aufgefallen ist, läßt wünschen, dass Sie ihren Schalter weiter umlegen sollten.

  • D
    DerKritiker

    @ Oskar

     

    Ihr Beitrag lässt vermuten, dass Sie sich wenig bis gar nicht mit der post-wilhelminischen, der neo-demokratischen und der nationalsozialistischen Gesellschaft, deren Ideologien, Befindlichkeiten, etc. auseinander gesetzt haben. Militarismus, Nationalismus, Chauvinismus umd vor allem die Revision der Nachkriegsordnung nach dem "großen Krieg (1914-1918)" und die daraus resultierende Forderung nach einer Wiedergutmachung, waren fester Bestandteil in bestimmten Kreisen der Reichswehr und anschließend in der Wehrmacht.

     

    Übrigens: Es gab während des Nationalsozialismus keine "Gelöbten", da zu dieser Zeit eine Vereidigung der Soldaten an der Tagesordnung war.

     

    @ menschenfreund

     

    Es gab im deutschen Widerstand (und im weiteren Umfeld), der sich mitnichten auf die Wehrmacht begrenzen lässt, genügend Idealisten, Pazifisten, Antimilitaristen, etc. die 1939 nicht an der Planung und Durchführung von Angriffskriegen beteiligt waren und viel besser als Vorbild für "was auch immer" taugen, als Stauffenberg und Konsorten. Große Teile des militärischen Widerstandes ergaben sich aus der Analyse der Kriegssituation 1943-44 und der bevorstehenden totalen Niederlage. Die Hoffnung war oft ein Separatfrieden im Westen und eine Konzentration der Kriegshandlung gegen die Sowjetunion.

    Ich finde es nicht gerade lobenswert die Bundeswehr per sé auf dem deutschen militärischen Widerstand fußen zu lassen, waren doch große Teile der Armee nicht gerade demokratisch.

    Auch lassen sich die Leitbilder vom "Staatsbürger in Uniform" und der Wehrhaftigkeit der Demokratie schwer mit einem eher preussisch-aristokratisch-autoritär ausgrichtetem Offizierkorps in Einklang bringen.

  • O
    Oskar

    @menschenfreund

     

    Es waren aber auch nicht die "Friedensbewegten" welche die überaus sinnige Idee hatten ihr Gehirn auszuschalten und einen Krieg anzufangen.

     

    Das ist als wenn meine Freunde mit deinen Freunden eine Klopperei anfangen und sich dann meine Freunde gegenseitig verkloppen damit die Klopperei aufhört.

     

    Ansonsten darf ich erinnern das es keine "Friedensbewegten" mehr gab welche ein Attentat hätten ausführen können, wenn sie denn gewollt hätten, da sie bis dato mitlerweile von den "Gelöbten" eingesperrt und ermordet wurden.

     

    - Problem verstanden? 0_o3

  • M
    menschenfreund

    Gelegentlich soll es von Nutzen sein, vor Handlungen das Gehirn einzuschalten.

    So auch für die "Friedensfreunde" und "Pazifisten", die sich als alleinige Garanten des Friedens zu verkaufen suchen.

    Wenn sie es wirklich können, zur Zeit gibt es (zu meinem größten Bedauern) mit Syrien ein mehr als dankbares Betätigungsfeld, in dem sie sich mit ihren "friedlichen" Methoden bewähren könnten. Ich bin gespannt.

    Ansonsten darf ich daran erinnern, daß es keine "Friedensbewegten" waren, die das attentat in der Wolfsschanze verübt- und dafür ihr Leben gelassen haben.