Proteste gegen Amnestiegesetz in Spanien: Rechte Gewalt gegen Amnestie
Ministerpräsident Sánchez plant ein Amnestiegesetz für katalanische Politiker. Das bringt Rechte und Konservative auf die Barrikaden.
Am Dienstag waren es laut Polizei 7.000 Demonstranten, doppelt so viele wie am Abend zuvor. „Die Verfassung zerstört die Nation“, stand auf einem riesigen Transparent in Nationalfarben zu lesen. Erstmals brannten Müllcontainer und ein Motorrad, es flogen Pflastersteine. Sieben Demonstranten wurden verhaftet. Auch in anderen spanischen Städten kommt es wiederholt zu Aufmärschen vor den „Volkshäusern“, wie die Büros der Sozialisten heißen. Die PSOE-Parteilokale bleiben aus Sicherheitsgründen ab nachmittags geschlossen.
Die Aufmärsche begannen als Proteste gegen Sánchez’ Plan eines Amnestiegesetzes für Hunderte von katalanischen Politikern und Aktivisten, die gerichtlich verfolgt werden, weil sie am 1. Oktober 2017 trotz Verbots ein Unabhängigkeitsreferendum organisierten. Unter denen, die davon profitieren, befindet sich der ehemalige katalanische Regierungschef Carles Puigdemont, der im Brüssler Exil lebt und im Europaparlament sitzt. Ihm droht zu Hause eine hohe Haftstrafe.
Sánchez braucht die regionalen Nationalisten
Die Amnestie ist ein Zugeständnis an die katalanischen Unabhängigkeitsparteien, damit sie Sánchez im Parlament zu einer weiteren Amtszeit verhelfen. Außerdem verhandeln die Sozialisten mit baskischen Nationalisten. Die Rechten gehen dagegen auf die Straße. Zwar kam die PSOE bei den Wahlen am 23. Juli nur auf Platz zwei hinter der konservativen Partido Popular (PP). Doch deren Spitzenkandidat Alberto Nuñez Feijóo konnte im Parlament nur die Unterstützung der rechtsextremen VOX sowie zweier Abgeordneter regionaler rechter Formationen hinter sich bringen.
Jetzt ist Sánchez an der Reihe. Der Preis für seine Regierungsmehrheit sei „die Erniedrigung Spaniens“, wettert Feijóo. „Wir durchleben den größten Rückschritt der Demokratie in unserer Geschichte“, fügt er hinzu, als hätte es nie einen Bürgerkrieg gegen die Republik in den 1930er Jahren mit anschließender 40-jähriger Diktatur gegeben.
Die PP ruft am Sonntag in allen Provinzhauptstädten zu Kundgebungen. Eine Woche später dann soll es eine Großdemonstration in Madrid geben. Feijóo vermeidet es, die gewalttätigen Proteste explizit zu verurteilen.
Der einstige PP-Regierungschef José María Aznar verlangt einen „nationalen Streik“ aller Staatsbediensteter, der Armee und der Sicherheitskräfte. Die rechtsextreme Vox, die mit der PP in sechs Regionen und über 130 Gemeinden zusammen regiert, fordert die Polizeibeamten auf, „sich illegalen Befehlen zu widersetzen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!