das portrait
: Ex-Lukaschenko-Mann Alexander Feduta in Mos­kau festgenommen

Foto: privat

„Wenn jedoch nur ein Schuss abgefeuert wird, so ist das Lukaschenkos politischer Tod.“ So wurde der belarussische Politologe Alexander Feduta am 2. August 2020 im britischen Guardian zitiert. Alexander Lukaschenko versuche, die Be­la­rus­s*in­nen einzuschüchtern, damit sie nicht protestieren. Doch das werde nicht funktionieren, sagte der Publizist eine Woche vor der belarussischen Präsidentenwahl.

Mit seiner Einschätzung sollte er richtig und falsch liegen. Seit der Wahl, die Lukaschenko mit rund 80 Prozent der Stimmen gewonnen haben will, gehen die Menschen auf die Straße. Doch der Staatschef von Belarus ist noch immer im Amt – trotz Schüssen auf De­mons­tran­t*in­nen und mehreren Toten.

Jetzt hat Feduta die Macht des Regimes in Minsk erneut zu spüren bekommen. Am Dienstag berichtete die belarussische staatliche Nachrichtenagentur Belta unter Verweis auf den Geheimdienst KGB, dass Feduta festgenommen worden sei. Was ihm genau vorgeworfen wird, ist unklar. Weitere Informationen würden folgen, hieß es nur.

Der 56-Jährige hatte schon des Öfteren unangenehme Erfahrungen mit der Staatsmacht gemacht. Doch das war nicht immer so. 1994 wurde der Philologe und promovierte Literaturwissenschaftler aus Grodno Mitglied des Wahlstabs von Lukaschenko. Der Staatschef beförderte Feduta am 10. Juli desselben Jahres zum Leiter der Pressestelle der Präsidialverwaltung. Doch das gedeihliche Miteinander währte nicht lange. 1995, nachdem Lukaschenko in Eigenregie und ohne vorherige Konsultationen gegen die Presse vorgegangen war, trennten sich beider Wege.

Fortan versuchte sich Feduta als Autor bei verschiedenen russischen und belarussischen unabhängigen Zeitungen, politische Porträts wurden eines seiner Lieblingsgenres. 2005 legte er eine politische Biografie Lukaschenkos vor. Nachdem der Präsident an die Macht gekommen sei, habe er aufgehört, auf die Menschen zu hören, erinnerte sich Feduta im vergangenen Herbst. Jetzt könne Lukaschenko nicht verstehen, warum ihn die Menschen nicht mehr liebten. Der Präsident verstehe nicht, dass die Dinge sich geändert hätten.

Ganz im Gegensatz zu Feduta. Der engagierte sich vor der Präsidentenwahl 2010 als prominenter Wahlkampfhelfer für den Oppositionskandidaten Wladimir Nekljajew. Kurz nach der Abstimmung wurde Feduta festgenommen und saß mehrere Monate im Untersuchungsgefängnis des KGB ein. Am 20. Mai 2011 verurteilte man ihn zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe. Der Vorwurf lautete auf Beteiligung an gewaltsamen Protesten, die nach der gefälschten Präsidentenwahl im Dezember 2010 ausgebrochen waren.

Damals wie heute ist der KGB involviert, mehr noch: Feduta wurde in Moskau festgenommen. Das behauptet seine Frau Marina Schybko, die in der russischen Hauptstadt vergeblich nach ihm gesucht hatte. Müßig zu fragen, wer den belarussischen Schlapphüten da wohl Schützenhilfe geleistet hat.

Barbara Oertel