Protestaktion in Hamburg-St.Georg: Frauen fordern Schutzraum

Die Initiative „Safe-Space“ demonstriert vor leer stehendem Hotel in St. Georg für die Beschlagnahme zur Schaffung von Schutzräumen für geflohene Frauen.

Peggy Parnass redet auf der „Safe Space“-Kundgebung vor dem leeren Hotel in St. Georg. Foto: Markus Scholz

HAMBURG taz | Ermahnung zum Handeln: Mit einer Kundgebung vor dem ehemaligen Hotel im Steintorweg 11 in St. Georg haben sich rund 100 Menschen – mehrheitlich Frauen – am Sonntag für die Schaffung zusätzlicher Schutzräume für geflohene Frauen stark gemacht. Sie forderten den rot-grünen Senat auf, Leerstand in der Elbmetropole zu beschlagnahmen.

Aufgerufen hatte die Gruppe „Safe Space‘s are women‘ right“, ein Zusammenschluss von gewerkschaftlich organisierten Frauen, Streetworkerinnen und Aktivistinnen aus der Flüchtlingshilfe. „Geflohene Frauen brauchen sichere Räume – Hamburg bietet mit leer stehenden Immobilien die Möglichkeit, diesen Bedarf zu decken“, sagt Isabel Meyn von der Initiative „Safe Space“.

Das ehemalige Hotel steht seit fast zehn Jahren leer und liegt inmitten des Bahnhofsviertels nur einen Steinwurf vom Hauptbahnhof entfernt. Immer noch kommen dort täglich dutzende geflohener Frauen an – einige auf der Durchreise nach Skandinavien.

Unmittelbar vor der Kundgebung war der Pächter des Nachbarhotels „Alt Nürnberg“ an die Veranstalterin herangetreten, die Demonstration doch abzusagen, weil die Eigentümerin beider Gebäude einen Neubauantrag gestellt habe. „Wir verzichten nicht auf unser Demonstrationsrecht, nur weil ein Hotel um seinen Ruf fürchtet“, sagt Emilija Mitrovic von der Gewerkschaft Ver.di und zeigte auf die Fenster der Fassade: Die Aktivistinnen hatten erste Flüchtlingsfrauen bereits symbolisch in das Gebäude einziehen lassen – indem sie gemalte Bilder von Frauen auf Plakaten hochhielten.

Sandra Goldschmidt, Vize-Landesvorsitzende der Gewerkschaft Ver.di

„Geflohenen Frauen und ihre Kinder brauchen weitere sichere Schutzstätten“

Die stellvertretende Ver.di-Landesvorsitzende Sandra Goldschmidt erinnerte daran, dass sexuelle Diskriminierung und Übergriffe auf Frauen ein globales Problem seien. Was diese geflüchteten Frauen auf sich genommen hätten, um Krieg, Gewalt, Hunger und Elend zu entgehen, sei für viele kaum vorstellbar.

Viele geflohene Frauen müssten in den Erstaufnahme-Unterkünften umgeben von Männern leben. Deshalb bräuchten die Frauen „sichere Schutzstätten für einen Stopp und eine Erholphase, wenn sie weiterreisen wollen – und erst recht, wenn sie hier bleiben wollen.“ Zwar gebe es in Hamburg seit kurzem eine Erstaufnahmeeinrichtung in Lokstedt für 150 Frauen mit Kindern, es bedürfe aber weiterer Wohnunterkünfte, die humanere Lebensbedingungen und frauenspezifische Angebote gewährleisten, forderte Goldschmidt.

Die geflüchtete Afrikanerin Christiane von der Gruppe Lampedusa berichtete von ihrer Ankunft vor drei Jahren in Hamburg, als sie im Winternotprogramm Zuflucht gesucht habe. „Morgens mussten wir raus und waren der Kälte ausgesetzt“, erinnerte sie und sagte zu den aktuellen Verhältnissen in der Flüchtlingspolitik. „Sie sollen uns als Menschen behandeln und diese Plätze schaffen, damit Frauen mit Kindern in der Kälte nicht in Zelten leben müssen.“

Die in St. Georg lebende Publizistin Peggy Parnass, deren Eltern von den Nazis im Vernichtungslager Treblinka ermordet wurden, sagte: „Was hier stattfindet, Häuser und Wohnungen leer stehen zu lassen, ist nichts neues.“

Für Parnass sei Deutschland immer ein Land gewesen, aus dem man wegen der Nazivergangenheit nur wegrennen möchte, und nun müsse sie feststellen, dass viele Menschen nach Deutschland kämen, weil sie vor Krieg und Gewalt Schutz suchten. „Es muss sich dringend in der Welt etwas ändern“, sagte Parnass, freut sich aber über die vielen Flüchtlingshelfer. „Das leer stehende Hotel muss bewohnbar gemacht werden, nicht irgendwann, sondern jetzt!“

Der rot-grüne Senat könne nach dem neuen Gesetz zur Flüchtlingsunterbringung die Beschlagnahme leerer Immobilien anordnen, unterstrich Isabel Meyn von Safe Space. „Der Staat macht viel zu selten davon Gebrauch und ruht sich auf Privatinitiativen aus.“

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