Protest vor dem Papst-Besuch: Rosa I. gegen Benedikt XVI.
In wenigen Wochen besucht der Papst Deutschland. Besonders aus dem schwul-lesbischen Milieu formiert sich Widerstand. Eine Gegenpäpstin ist bereits gekürt.
BERLIN taz | Die erste Amtshandlung von Rosa I. war, die kürzlich verstorbene Souldiva Amy Winehouse selig zu sprechen. Rosa I. ist die frisch gekürte Berliner Gegenpäpstin, Symbolfigur des Protestes gegen den Deutschlandbesuch von Benedikt XVI. ab dem 22. September.
"Der Papstbesuch ist eine reine Inszenierung von der sich die Kirche einen Aufschwung erhofft. Dabei hat sie gesellschaftlich nichts anzubieten", sagt Johannes Witten. Er ist Sprecher von "what the fuck", ein linksradikales Bündnis aus queeren und feministischen Gruppen das sich in Berlin gegen den Papstbesuch in gut drei Wochen gegründet hat. Sie haben in den vergangenen Wochen Demos organisiert und die Gegenpäpstin ausgerufen. "Wir werden den Papst morgens mit einer Kundgebung am Flughafen begrüßen und auch am Abend in Neukölln, wo er schlafen will, werden wir zeigen, dass die katholische Kirche nicht die Wahrheit für sich gepachtet hat", sagt Witten.
Wenn Papst Benedikt XVI. Deutschland besucht wird er nicht nur mit jubelnden Katholiken Messen feiern und im Bundestag reden sondern muss auch mit breitem Protest rechnen. Seit Monaten bereiten sich Initiativen in Berlin, Erfurt und Freiburg auf seinen Besuch vor. Organisiert wird der Widerstand besonders aus dem schwul-lesbischen Spektrum.
Wowereit hat Verständnis
Das größte Bündnis hat sich in Berlin formiert. Gegründet vom Schwulen- und Lesbenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) will das Bündnis "Der Papst kommt" gegen Homophobie, Frauenfeindlichkeit und Kondomverbot des Papstes protestieren. Darunter sind über 55 Organisationen wie pro familia oder die Aidshilfe aber auch Gewerkschaften und Parteien. Bis zu 20.000 Demonstranten erwarten sie am 22. September. Am Nachmittag wollen sie am Brandenburger Tor demonstrieren. "In Sicht- und Hörweite des Bundestags, wo der Papst seine Rede hält", sagt Jörg Steinert vom LSVD. Die Versammlungsbehörde hat das untersagt, die Gerichte werden entscheiden.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat "großes Verständis" für die Proteste. Indirekt zu Demonstration aufrufen wolle er nicht, wie er am vergangenen Freitag sagte. Es sei aber in Ordnung, dass der Papstbesuch genutzt werde, um darauf aufmerksam zu machen, "dass die katholische Kirche mit ihrer Lehre Thesen vertritt, die weit in die zurückliegenden Jahrtausende gehören, aber nicht in die Neuzeit." Selbst Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sagte, die Proteste seien Teil als Meinungsfreiheit "zu akzeptieren". Ähnlich äußerte sich ihr Amtskollege aus Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne).
Bündnis "Heidenspaß statt Höllenangst"
Mit kreativen Aktionen wollen Papstgegner in Erfurt Benedikt XVI. begegnen. Eine religionsfreie Zone wird in der Innenstadt am 24. September eingerichtet, am Tag davor ist eine Demo geplant. "In Thüringen leben nur acht Prozent Katholiken, der Besuch des religiösen Führers der Katholiken wird aber als gesamtgesellschaftliches Großereignis inszeniert", kritisiert Sascha Döring vom Bündnis "Heidenspaß statt Höllenangst", in dem sich linke, queere und feministische Gruppen gesammelt haben.
Gutbürgerlich dagegen wird sich der Protest in Freiburg gestaltet. Nicht mit Demos sondern mit Infoständen, Diskussionsrunden und Unterschriftenaktionen leisten die Papstgegner im Bündnis "Freiburg ohne Papst" Widerstand. "Das Gesetz zur eingetragenene Lebenspartnerschaft hat Ratzinger als ,Legalisierung des Bösen' bezeichnet. Das darf so nicht stehenbleiben", sagt Mathias Falk von der schwullesbischen Rosa Hilfe.
Die katholische Kirche sieht die Proteste gelassen. Öffentliche Meinungsäußerung sei ein Grundrecht, so die Bistümer. Solange die Demos nicht gewalttätig würden wie jüngst beim Weltjugendtag in Madrid, seien sie zu respektieren.
Mitte August kam es im Vorfeld des Papstbesuchs in Madrid zu heftigen Auseindersetzungen zwischen Polizei und Papstgegnern bei denen mehrere Demonstranten verletzt wurden. Dass der Protest hier ähnlich gewalttätig ausfallen glaubt kaum einer der Organisatoren. "In Spanien war das eingebettet in Proteste gegen die Regierung wegen der Finanzkrise, zudem ist die spanische Polizei gewalttätiger", sagt Johannes Witten vom Berliner Bündnis "what the fuck".
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