Protest gegen hohe Mieten: Polizei verbietet Bühne
Eine Talkshow zu Zwangsräumungen von Wohnungen ist von der Polizei untersagt worden. Gentrifizierungsgegner wollen trotzdem demonstrieren.
HAMBURG taz | Im Schanzenviertel steht am Samstag ein Kräftemessen zwischen Gentrifizierungsgegnern und der Polizei bevor. Diese hat als Versammlungsbehörde die Veranstaltung „Zwangsräumungen verhindern“ der Kampagne „Mietenwahnsinn stoppen“ des Netzwerkes Recht auf Stadt nicht genehmigt. Die Veranstalter wollen diese „Willkür“ nicht hinnehmen, sich in „vielfältiger Weise wehren“.
Die Zwangsräumung von Wohnungen aufgrund nicht mehr bezahlbarer Mieten ist in Berlin zum Gegenstand einer Solidaritätsbewegung geworden. Immer öfter sind Räumungen nur noch mit einem großen Polizeiaufgebot durchsetzbar.
Obwohl es auch in Hamburg im vorigen Jahr 1.600 Zwangsräumungen gegeben haben soll, ist das Thema in der Stadt kaum präsent. Deshalb will Mietenwahnsinn stoppen mit einer öffentlichen Talkshow und Manifestation am Samstag um 16 Uhr, zu der Gäste und Referenten aus Berlin eingeladen sind, auf das Thema aufmerksam machen.
„Zwangsräumungen fallen nicht vom Himmel und sind nicht einfach auf das individuelle Versagen der Betroffenen zurückzuführen, sondern haben System in einer Gesellschaft, in der die Menschen über ihren Marktwert definiert werden“, sagt ein Sprecher.
Für die Talkshow sollte an der Schanzenstraße/ Ecke Ludwigstraße eine Bühne mit Stühlen und einem Pavillon aufgebaut werden, um der mehrstündigen Diskussion folgen zu können. „Bühne und Stühle sind nicht versammlungsimmanent“, sagt Polizeisprecher Mirko Streiber. „Das ist die Einschätzung unserer Versammlungsbehörde.“
Das widerspricht der Auffassung der Veranstalter, die sich auf die Rechtslage berufen. Sie zogen dennoch ihre Anmeldung zurück. „Die Versammlungsbehörde sieht im fließenden Verkehr offenbar ein höheres Gut als die Versammlungsfreiheit von Anwohnern, die sich gegen Zwangsräumungen wehren“, sagt ein Sprecher.
Die Talkshow werde aber trotzdem und gerade wegen des vom Senat ausgerufenen „Gefahrengebiets Schanze“ stattfinden. „Es gibt im Schanzenviertel dankbarerweise genügend Tradition und Know-how eine Veranstaltung im Zweifelsfall auch ohne amtliche Bürokratie stattfinden zu lassen“, bekräftigt eine Anwohnerin, auch wenn die Polizei „Konsequenzen“ androhe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut