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Protest gegen ThermenBürgern stinkt Biogas

In Deutschland protestieren immer mehr Initiativen gegen den Bau von Biogasanlagen. Sie fürchten den Gestank. Nun will die Industrie auf die Menschen zugehen.

Ob's hier auch stinkt? Biogasanlage in Nessendorf. Bild: dpa

KÖLN taz | Die Eifel-Therme in Mechernich steht für wohltemperierte Entspannung. Doch damit könnte bald Schluss sein. Wenn Werner Schönborn seine Pläne in der Gemeinde nahe Bonn umsetzt, würde sich kaum noch jemand im Außenbecken treiben lassen, fürchten die Inhaber. Der Unternehmer plant eine Biogasanlage, nur 230 Meter entfernt. Gegen die Genehmigung für das Vorhaben klagen seit Montag die Stadt Mechernich und betroffene Anwohner vor dem Verwaltungsgericht Aachen.

Die Vergärungsdämpfe der Pflanzen in Schönborns Anlage sollen Strom und Wärme für einen nahen Ton-Abbau erzeugen. Ihr Gestank sei dann auch außerhalb der Anlage zu riechen, so die Kritiker. Bis zur Eifel-Therme würden die modrigen Gase vordringen - auch zu den Häusern der Anwohner, fürchten sie.

Während es in Mechernich um Mief geht, protestieren Bürger an anderer Stelle gegen eine "Verschandelung der Landschaft". So etwa im nahen Zülpich, wo der Betreiber eines Reithofs eine Biogasanlage plant.

Mechernich und Zülpich sind zwei von vielen Beispielen. Im ganzen Land gehen Bürgerinitiativen und Lokalpolitik gegen Biogasprojekte vor. "Es regt sich einiges", sagt Andrea Horbelt vom Fachverband Biogas. Zuzuschreiben ist das dem Boom der Branche. Seit 2008 entstehen rund 1.000 neue Anlagen pro Jahr - 2011 sollen es insgesamt 7.000 sein. Gesetzliche Garantiepreise feuern das Geschäft an.

Mit ihrem Verhalten verscherzen es sich die Investoren allerdings häufig mit den Anwohnern. "Manche planen ihre Projekte im kleinen Kämmerlein. Und plötzlich heißt es: Morgen beginnt der Bau", sagt Horbelt vom Fachverband.

Furchtbar rücksichtslos

Auch in Zülpich hat der Investor die Anwohner nach Auskunft der Bürgerinitiative nur spärlich informiert. Zu einer geplanten Informationsveranstaltung der Stadt wollte er nicht kommen. "Das ist furchtbar rücksichtslos. Für so weitreichende Projekte muss man die Bevölkerung mit einbeziehen", sagt Grünen-Stadträtin Angela Kalnins.

Verschiedene Anlagen sind bereits am Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Daher will die Industrie transparenter werden. Ein neuer PR-Guide des Fachverbands soll helfen, um Anlagenbetreiber und Anwohner zu versöhnen. Der Titel: "Wie sag ich's meinem Nachbarn". Die Broschüre empfiehlt, "auch denjenigen zu respektieren, der sich gegen Erneuerbare Energien und Biogas ausspricht".

Im Fall Mechernich hilft das nichts mehr. Noch am 4. Oktober will das Gericht eine Entscheidung fällen. Zumindest bis dahin müssen die Besucher der Eifel-Therme den Bio-Mief nicht fürchten.

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4 Kommentare

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  • G
    Gertrud

    Der Beitrag liefert eine gute Beschreibung des Problems! Aber die Lösung ist nicht ein PR-Guide, der Dinge schön redet, die es nun mal nicht sind. Die Bürgerinnen und Bürger lassen sich nicht von Hochglanzbroschüren blenden. Denn sie sind in der Regel bestens informiert – im Gegensatz zu manchen Entscheidungsträgern, die aus lauter Bequemlichkeit lieber glauben als wissen.

     

    Es herrscht Konsens in der Wissenschaft, dass Anlagen auf der Basis einjähriger Ackerfrüchte klimaschädlich sind. Jeder Euro, den wir Stromkunden über die EEG-Umlage für eine solche Technologie gezwungenermaßen über den Strompreis ausgeben, fehlt bei der Entwicklung klimafreundlicher Alternativen.

     

    Darauf aber sind wir zwingend angewiesen, wenn wir die Energiewende schaffen und gleichzeitig die Klimaschutzziele erreichen wollen. Diese gesamtgesellschaftlichen Ziele dürfen nicht den wirtschaftlichen Interessen einiger Interessengruppen untergeordnet werden.

  • P
    PeterK

    Also ich habe 8 Jahre auf dem Lande neben (ca. 1km) einem Bauern mit Biogasanlage gelebt. Hat wirklich manchmal pervers gestunken. Einem wurde regelrecht schlecht wenn mann nahe genug dran war. Aber ich glaube das liegt daran das die da alles mögliche reinwerfen und nicht nur das wofür es vorgesehen ist. Ansonsten: Lieber stinken und ungefährlich, als gruchslos und krankmachend. Lieber in der Nähe von Biogasanlagen als im Industriegebiet oder Innenstadt leben.

  • G
    godzilla

    not in my backyard! harharhar!

     

    prustend

    godzilla

  • BG
    Bio Gas

    Wenn ich die Taz wäre, hätte ich eine Data-Collect-App wo man den Stink-Grad und GPS-Position am Handy (HTML5 machts vor) eintragen kann.

    Auch kann man andere Stinker-Quellen eintragen und vergleichen.

    Und man sieht alle Anlagen und kann mal testweise hinfahren und einmal drumherum laufen.

     

    Alternativ könnten das natürlich auch diese Organisationen machen, die kein Erdgas von Schröder oder Diktatoren oder Homo-Steinigern oder Erdöl von Königstümlern u.ä. das Wasser abgraben wollen. Auch jeder Grüne sollte für steigende Selbstversorgung sein.

    Aufwand: etwas zeit und Moral. Eigentlich müsste jede Piratenorganisation so etwas haben.

     

    Als Privatperson wird man ja sofort existenzvernichtend abgemahnt. Mehr Aufwand als ein Programmierpraktikum wäre sowas nicht.