Protest gegen Neonazidemo: Steinwürfe und Polizeikessel
Bei Protesten gegen einen Aufmarsch Autonomer Nationalisten ist es zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. Der Zugverkehr wurde kurzzeitig lahmgelegt.

Polizisten am Samstag in Göppingen. Mindestens sieben von ihnen wurden beim Einsatz verletzt Bild: dpa
GÖPPINGEN dpa | Rund um einen Neonazi-Aufmarsch in Göppingen in Baden-Württemberg ist es am Samstag zu gewalttätigen Ausschreitungen linker Gegendemonstranten gekommen. Mindestens sieben Polizisten wurden zum Teil schwer verletzt. Wie die Polizei mitteilte, griffen Linke mit Flaschen und Steinen Beamte an, die Auseinandersetzungen verhindern wollten.
Während der gesamten Aktion seien linke Neonazi-Gegner mit Störversuchen aufgefallen, die zumeist die Beamten getroffen hätten. Die Aufmarschroute der „Autonomen Nationalisten“ war der Polizei zufolge wegen der heftigen Gegenwehr verkürzt worden. Rund 140 Rechtsextreme kamen dennoch zusammen, ursprünglich waren 200 erwartet worden.
Linke hatten zuvor den Bahnverkehr um Göppingen zeitweise lahmgelegt. Wie die Deutsche Bahn mitteilte, standen mehrere Fernverkehrszüge vorübergehend still, darunter ein ICE von Berlin nach München und je ein Intercity von Karlsruhe nach München sowie von Münster nach Innsbruck. Auch der Regionalverkehr war betroffen. Auf der Bahnstrecke Stuttgart-Ulm brannten Autoreifen.
Zur Demonstration gegen den Aufmarsch der Neonazis hatten sich schon am Vormittag Hunderte Menschen versammelt. Die Polizei kesselte rund 70 Gegendemonstranten vorübergehend ein. Baden-Württembergs Verwaltungsgerichtshof hatte am Freitag ein Verbot der Stadt kassiert, die die Aktion der Rechtsextremisten verhindern wollte.
Schon bei einem Aufmarsch im vergangenen Jahr war es zu Ausschreitungen gekommen. Wegen Straftaten wurden anschließend 230 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Viele Verdächtige kamen aus der linken Szene. 29 Polizisten wurden verletzt.
Leser*innenkommentare
Fabian Goerke
Liebe geschätzte taz,
versucht ihr "Die Welt" oder "Die Bild" überflüssig zu machen?
Euer Artikel wurde offensichtlich nur auf Grundlage der Pressemitteilung der Polizei Göppingen geschrieben.
Wenn ihr wissen wollt, was in Göppingen am Samstag abgelaufen ist, kann ich euch drei Artikel aus unserer bürgerlichen Lokalpresse empfehlen. ("Schwäbisches Tagblatt" und sein tübinger Lokalteil: "Tübinger Chronik" siehe unten).
Kurz zusammengefasst:
- Polizei kämpft kompromisslos für die Nazis
- Pressefreiheit wird ignoriert
- HUNDERTE friedliche Gegendemonstranten in Gewahrsamgenommen (stundenlang in Gefangenentransportern) oder Polizeigaragen.
- Schlagstöcke und Pfefferspray finden seitens der Polizei großzügigen Einsatz
- ca. 70 verletzte Demonstranten, teilweise Unterleibsverletzungen, Kopfverletzungen, Knochenbrüche.
- die Nazis sind so entzückt, dass sie für die nächsten 7 Jahre den Marktplatz für ihre Menschenverachtende Propagande reserviert haben
Es würde mich sehr freuen, wenn Ihr dazu noch ausführlicher und etwas kritischer berichten könntet.
Vielleicht auch mit der Frage, was getan werden muss, um die Situation zu verbessern?
(z.B. Versammlungsrecht, anonymisierte Kennzeichnung, Kontrolle der Polizei, personelle Konsequenzen, ..?)
http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/tuebingen_artikel,-In-Goeppingen-sassen-Gruene-sieben-Stunden-fest-_arid,232374.html
http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/ueberregional/politik_artikel,-Neonazi-Groessen-treten-in-Goeppingen-auf-Gegendemonstranten-empoert-ueber-Polizeieinsatz-_arid,232276.html
www.tagblatt.de/Home/nachrichten_artikel,-Kritik-am-Umgang-mit-Pressefreiheit-_arid,232409.html
zeem
Gast
Oh nein, liebe taz, was muss ich hier lesen? Eine Polizei-Pressemitteilung eins zu eins übernommen? Gerade die taz muss doch wissen, dass es immer zwei Seiten bei einer Geschichte gibt. Und gerade die taz muss doch wissen, wie wichtig es ist in solchen Situationen Position zu beziehen.
Ich bin maßlos enttäuscht.
Sondermann
Was ist wohl in Göppingen vor sich gegangen? Sind nur Polizisten verletzt worden? wohl kaum. Waren die Linxradikalen absolut friedlich? ebenfalls Fehlanzeige. Den Sabotageakten an Eisenbahnen und Straßen hat bislang niemand widersprochen.
Ich kenne sowas aus Göttingen, wo ich studiert habe. Dort betrieb die Autonome Antifa bei ihren Demos ein Kräftemessen mit der Göttinger Polizei, was oftmals patt ausging. Es gab brennende Reifen auf Straßen, insbesondere in der Nähe des autonomen Jugendzentrums Innenstadt (JuzI). Aber es gab auch verdrehte Berichte vom Göttinger Tageblatt.
Ich vermute: weder die dpa noch die linxradikale Gegenpresse berichten objektiv. Die Wahrheit liegt, wie so oft, wohl irgendwo in der Mitte.
Anwohner
Gast
das wurden von der taz tatsächlich dpa-Meldungen übernommen ... und diese wiederum sind aus den Polizeiberichten zusammengestückelt.
Ich war als "normaler" Göppinger Bürger dort, dem Aufruf von OB Till "Gesicht zeigen" folgend. Dann wurde ich aus einer Nebengasse IN einen der 3 Kessel getrieben: vom allen Seiten stürmten Polizeiketten heran: beritten und zu "Fuß" (Kampfstiefel). "Wer sich heute in GP aufhält ist selber schuld" bekam ich zu hören. Nach 2 Std im Kessel die Durchsage: "da wir keine Versammlung sind, würde jeder einzeln herausgeführt und in Gewahrsam genommen" - natürlich war es keine Versammlung - es war Freiheitsberaubung. Es waren 2-3 alte WaWe's und der neue blaue "Hochleistungs"-WaWe in stand by - es befanden sich aber ständig auch Anwohner von GP vor Ort und nicht nur "radikale Linke" - die ich als friedlich wahrgenommen habe. Ich habe sicher nicht alles mitbekommen (wie auch im Kessel) - aber ihr Berichtschreiber hat gar nichts mitbekommen, weil er/sie nicht selbst dort war
gast
Gast
@Anwohner na klar, ein ganz normaler anwohner, der sich durch jargon-kenntnis wie "wa-we" auszeichnet und der ganz unschuldig und friedlich zufällig irgendwo stand wo ihn die böse polizei...
JP
Gast
@Gast
Ihr Kommentar ist ziemlich sinnfrei. Was wollen Sie eigentlich sagen?
Göppinger
Gast
Was verbreitet Ihr hier? dpa-Quatsch von irgend jemandem, der den Polizeibericht redigiert? Es gab (ganz offiziell) sieben verletzte Polizisten (Knalltrauma wg. Böller, Tritt gegen das gut geschützte Schienbein und so Zeug) sowie 70 bestätigte verletzte Demonstranten - Knochenbrüche, Kopfverletzungen etc. Traurig, wenn die taz den gleichen Unsinn verzapft wie Springers Welt und andere Medien, nur weil die dpa sparen muss und anscheinend keine schreibenden Leute vor Ort hat - die dpa-Fotos sprechen eine andere Sprache. Teilnehmer an den Gegendemos berichten auch ganz andere Dinge, Polizeigewalt, NSU-Leute bei der Nazidemo und Schikanen der Bevölkerung. Nur: Es berichtet niemand darüber. Traurig für Deutschland. In einem grün-rot-regierten Bundesland, das eine Nazi-Demo mit Polizeiknüppeln ermöglicht. Eine Schande. S21 lässt grüßen.
Magge
Gast
Liebe Taz, durch einen Kommentar eines Lesers unter einem Artikel in der Lokalen Göppinger Presse bin ich auf einen Artikel zum Thema aufmerksam geworden. Dieser ist im Wortlaut der selbe wie dieser hier. Ich bin maßlos ettäuscht, dass hier eine Pressemitteilung 1 zu 1 und absolut unreflektiert übernommen wurde. Keine gute Arbeit!
Na sowas
Gast
Was unterscheidet einen Aufmarsch (Rechte) von einer Demonstration (Linke)?
Militanz und Gewalt. Sollte man es nicht andersrum erwarten dürfen?
Lars
Ich weiß nicht wie sinnig es ist unkritisch DPA Meldungen zu übernehmen. Das man mit Flaschen usw. angegriffen wurde ist doch inzwischen eine Standardaussage um gewalttätige Polizeieaktionen zu legitimieren. Jeder der auf ein paar demos war weiß doch wie das läuft.
Beteigeuze
Linke mache halt das, was Linke zu tun pflegen- sie zeigen dem Rest der Republik ihr Verständnis von Demokratie und Meinungsfreiheit.
Welch eine Überraschung.
Gähnend:
Beteigeuze
Funaki
Gast
Laut Angaben des Büdnisses nazis-stoppen gab es unter den Gegendemonstranten fast 150 Verletzte, davon 15 Schwerverletzte.
Die Polizei habe massiv mit Pfefferspray und Knüppeln versucht die Naziroute frei zu kriegen.
https://linksunten.indymedia.org/en/node/97184
blubb
Gast
@Funaki Danke für die Richtigstellung. Sonst klingt das nach der typischen Feindbildreproduktion
mensch
Gast
Pfefferspray + Mensch = schwer verletzter Polizist oder unverletzter Demonstrant.
Leider auch bei der taz