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Protest gegen Abriss des SEZHässlich, aber beliebt

Ak­ti­vis­t*in­nen protestieren gegen den Abriss des Sport- und Erholungszentrums in Berlin-Friedrichshain und sammeln 10.000 Unterschriften für den Erhalt.

Das SEZ an der Landsberger Allee soll abgerissen werden. Hier sollen rund 500 Wohnungen und eine neue Schule gebaut werden Foto: Jens Kalaene dpa

Berlin taz | Was einst der ganze Stolz der DDR war, würde heute wohl von manchem als Schrottimmobilie bezeichnet. Verlassen, trostlos und voller Graffiti gammelt das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) am Rande des Volksparks Friedrichshain vor sich hin. Doch was die einen als marode betrachten, ist für das Bündnis um die Vereine „Gemeingut in BürgerInnenhand“ (GiB) und „Architects 4 Future“ erhaltenswertes kulturelles Erbe. Für ebendiesen Erhalt machen sie sich am Mittwochmorgen vor dem SEZ an der Landsberger Allee stark.

Der GiB, eine bundesweite Initiative, kämpft gegen die Privatisierung von Einrichtungen sowie der Berliner S Bahn. Zum SEZ sind am Vormittag etwa 20 Leute gekommen, sie fordern vom Senat, das Erholungszentrum zu erhalten. Anlässlich des 43. Geburtstags des SEZ will das Bündnis ihre Petition an den Bausenator Christian Gaeb­ler (SPD) überreichen, auch viel Presse ist erschienen.

10.125 Unterschriften habe das Bündnis bereits gesammelt, erklärt Carl Waßmuth, ein Sprecher des GiB. Eigentlich habe man die Petition dem Bausenator hier vor Ort überreichen wollen, der sei jedoch „überraschenderweise“ nicht aufgetaucht. Der Protest scheine „ihn nicht so stark zu interessieren“ so Waßmuth. Die Petition soll nun stattdessen per Fahrradkurier direkt zu ihm ins Büro gefahren werden.

Ein mehrfach vorgebrachtes Argument für den Erhalt waren schöne Kindheitserinnerungen, die Demonstranten mit dem Erholungszentrum verknüpfen. Der Abriss sei schon deswegen eine „Sünde“, ruft Waßmuth. Auch um Asbest gehe es nicht. „Diese Ausrede können Sie nicht verwenden“, adressiert er den Senator direkt. Auch wenn das Gebäude von außen „schlimm“ aussehe und man „sich ein bisschen um die Fenster kümmern“ und „was mit der Farbe machen“ müsste – das SEZ sei intakt, „wir wollen es wiedereröffnet haben!“

Streit um die Nutzung des Zentrums

Um die Nutzung des Zentrums wird seit zwei Jahrzehnten gestritten. Nachdem das Land 2003 das Gelände für den symbolischen Preis von einem Euro an einen privaten Investor verkauft hatte, gingen auch die Rechtsstreitigkeiten um Selbiges los. Das Land Berlin ging davon aus, der Investor würde die Schwimmbäder sanieren und wiedereröffnen, dieser wollte lieber abreißen und bauen.

2022 entschied das Kammergericht, der Investor müsse das Gelände an die Stadt zurückgeben, da er seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt habe. Jetzt will allerdings auch der Senat lieber abreißen und neubauen. Zu verwahrlost sei das Gelände mittlerweile. Statt einem Schwimmbad sollen hier rund 500 neue Wohnungen und eine Schule entstehen.

Linken-Abgeordneter Damiano Valgolio ist zur Unterstützung der Demo gekommen. Er fordert ein Baugutachten, um zu klären, ob ein Abriss überhaupt notwendig sei. Sobald das geklärt sei, könne man im Zuge eines „Ideenwettbewerbes zusammen mit den Anwohnern darüber nachdenken, wie man Sport und Freizeit mit Wohnräumen“ verbinden könne.

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2 Kommentare

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  • Danke, dass Sie hierzu berichten.

    Natürlich sind eine Inbetriebnahme nicht mit ein paar Eimern Farbe und eine Sanierung nicht umsonst zu haben.



    Und natürlich geht es hier nicht nur um schöne Kindheitserinnerungen, sondern um sehr viel Mehr.



    Es gibt mehrere Ebenen, auf denen der Erhalt des SEZ geboten ist.



    Zum einen die baugeschichtliche: Auch wenn es teils heruntergekommen und der Baustil gerade nicht angesagt ist: Das SEZ stellt ein Zeugnis Berliner Baugeschichte dar. Dies nicht wahrnehmen und das Ensemble einfach bedenkenlos abreißen zu wollen, zeigt eine unreflektierte Haltung gegenüber der Stadtbaugeschichte, die in der Berliner Vergangenheit und Gegenwart schon für die Zerstörung zahlreicher wertvoller Bauten verantwortlich ist. Auch der durchaus problematische Palast der Republik ist so ein Stück verschwundener DDR-Wunsch-und-Darstellungs-Architektur, an die sich nicht nur zahlreiche Erinnerungen knüpfen, sondern die darüber hinaus eine Menge über die Epoche Ihrer Entstehung zu erzählen haben. Letztlich sind auch die Plattenbauten nicht zu verstehen ohne Einrichtungen wie das SEZ (oder die - mittlerweile abgerissene - Hauptpost Marzahn von Kny&Weber).



    Dass diese Baugeschichts-Vernichtungs-Haltung gerade die Bauten der ehemaligen DDR trifft (wie z.B. jetzt das Generalshotel Flughafen Schönefeld) ist sicher kein Zufall, sondern zeugt von baugeschichtlicher Blindheit.

    Eine weitere Ebene ist diejenige der Nachhaltigkeit. In einer Zeit, in der eigentlich alle die Endlichkeit unserer Resourcen begriffen haben, macht die öffentliche Hand, - die dazu ja gerne Forderungen und Ankündigungen aufstellt - hier vor, wie man es auf keinen Fall tun sollte. Graue Energie? Nie gehört.

    Zuletzt die Frage der Nutzung. Natürlich braucht Berlin Wohnungen, aber sollen wir deswegen jetzt Museen abreißen und Parks zubauen?



    Der Bezirk Friedrichshain ist arm an Sport- und Freizeitangeboten. Das Versagen der Stadt im Wohnungsbau sollte nicht durch den SEZ-Abriß kaschiert werden.

  • "...waren schöne Kindheitserinnerungen, die Demonstranten mit dem Erholungszentrum verknüpfen."

    Die schönen Erinnerungen machen eine Renovierung nicht billiger und einen Betrieb nicht wirtschaftlicher.