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Protest am FrauentagTausende gehen in Berlin und Hamburg auf die Straße

In der Hauptstadt fand der größte Protestzug unter dem Motto „feministisch, solidarisch, gewerkschaftlich“ statt. Auch in Hannover und Bremen war die Beteiligung an Demos für die Gleichstellung hoch.

Auf dem Hamburger Rathausmarkt wurde am Samstag die Abschaffung des Patriarchats, die Unabhängigkeit der Frauen und gleicher Lohn für gleiche Arbeit gefordert Foto: Georg Wendt/dpa

Berlin/HAMBURG epd/dpa | Zum Internationalen Frauentag sind am Samstag in Berlin Tausende Menschen für die Gleichstellung der Geschlechter auf die Straße gegangen. Die größte Demonstration führte unter dem Motto „feministisch, solidarisch, gewerkschaftlich“ vom Kreuzberger Oranienplatz zum Roten Rathaus. Veranstalter war ein Bündnis aus DGB-Gewerkschaften, Verbänden, stadtpolitischen und feministischen Initiativen.

Laut Polizei hatten sich dem Aufzug Teilnehmerinnen und Teilnehmer im unteren fünfstelligen Bereich angeschlossen. Darunter war auch eine große Anzahl der „Omas gegen Rechts“.

Die Demonstrierenden forderten gleiche Chancen und Rechte für alle Menschen, „unabhängig von Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientierung oder anderen Zuschreibungen“. Dazu gehörten die Umverteilung von Sorgearbeit, Arbeitszeiten, die zum Leben passen, Entgeltgleichheit und gute Löhne.

Finanzielle Unabhängigkeit und gerecht verteilte Sorgearbeit seien der Schlüssel zu echter Gleichstellung von Frauen am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft, sagte die stellvertretende Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg, Nele Techen. Noch immer werde die unbezahlte Sorgearbeit mehrheitlich von Frauen geschultert.

Gefordert wurden auch ein Ende der Kürzungspolitik und mehr Investitionen in Bildung, Mobilität, Gesundheitsversorgung und soziale Infrastruktur. Rechte Kräfte nutzen die Folgen von Kürzungspolitik und gesellschaftlicher Spaltung, um ihre Hetze zu verbreiten, hieß es. „Sie bekämpfen die Rechte von uns Frauen, queeren Personen, Migrantinnen und Migranten und Geflüchteten und machen uns zu Sündenböcken für Missstände, die ganz andere Ursachen haben.“

Gebraucht werde ein Gemeinwesen, „das alle trägt“, hieß es: „Wir brauchen Gute Arbeit, Selbstbestimmung und Gleichberechtigung.“

Der Frauentag am 8. März ist seit 2019 in Berlin gesetzlicher Feiertag. Berlins Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) nannte in einer Erklärung zum 8. März die Verwirklichung echter Gleichberechtigung „eine zentrale Aufgabe unserer Stadt – heute und an jedem Tag“. „Der Internationale Frauentag erinnert uns daran, dass Gleichberechtigung ein Grundpfeiler unserer demokratischen Gesellschaft ist“, sagte Wegner. Politik und Stadtgesellschaft müssten alle Formen von Gewalt gegen Frauen entschlossen bekämpfen und den Schutz der Betroffenen verbessern.

Grußadresse vom Hamburger Senat

In Hamburg haben mehrere Demonstrationen auf die Rechte von Frauen aufmerksam gemacht. Tausende Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen zu der größten Demonstration mit dem Titel „Heraus zum Internationalen Frauentag“.

Die Zahl der Teilnehmenden liege deutlich im vierstelligen Bericht, sagte ein Polizeisprecher. Genaue Zahlen gibt die Polizei erst mit Abschluss der Demonstration bekannt. Der Protestzug startete auf dem Rathausmarkt, aufgerufen hatte das „Bündnis 8. März“.

Viele der Demonstrierenden hatten Plakate und Transparente mitgebracht, auf denen sie etwa die Abschaffung des Patriarchats, die Unabhängigkeit der Frauen oder gleichen Lohn für gleiche Arbeit forderten.

Der Frauentag erinnere daran, „die notwendigen Forderungen nach Gleichstellung von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen weiter mit Nachdruck zu stellen“, teilt der Hamburger Senat mit.

Im Stadtstaat Hamburg gab es vor einigen Jahren die Überlegung, ähnlich wie in Berlin, den 8. März zu einem Feiertag zu erklären. Stattdessen wurde aber der Reformationstag am 31. Oktober als Feiertag eingeführt.

3.500 Teil­neh­me­r:in­nen in Bremen

Auch in Niedersachsen und Bremen haben sich Tausende Menschen am Frauentag zu Demonstrationen und Kundgebungen getroffen. Dabei wurde vor allem auf die nach wie vor bestehenden Benachteiligungen von Frauen hingewiesen. In Hannover trafen sich mehrere Demonstrationszüge in der Stadtmitte. Besondere Vorkommnisse habe es bis zum Nachmittag nicht gegeben, sagte ein Polizeisprecher.

In Bremen kamen den ersten Erkenntnissen nach etwa 3.500 Menschen zusammen, wie ein Polizeisprecher am Nachmittag sagte. Die Demonstranten hatten sich unter anderem vor dem Dom und auf dem Marktplatz getroffen.

Bereits am Freitag hatten vielerorts Beschäftigte in sogenannten Frauenberufen des öffentlichen Dienstes die Arbeit niedergelegt. Anlass war der sogenannte Equal Pay Day, bei dem es um ein Zeichen für mehr Lohngleichheit für Männer und Frauen geht.

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4 Kommentare

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  • Ich muss mal ganz Naiv fragen, es ist wirklich einfach Interesse

    "Dazu gehörten die Umverteilung von Sorgearbeit, Arbeitszeiten, die zum Leben passen, Entgeltgleichheit und gute Löhne."

    Punkt Sorgearbeit: es kann sich doch jeder den Partner aussuchen, der die eigenen Vorstellung von Care-Arbeit teilt?

    Punkt Arbeitszeiten: Wo müssen Frauen länger Arbeiten als ihre männlichen Kollegen? Wenn es hier um die Kinderbetreuung geht, auch hier kann Mensch sich einen Partner*in aussuchen, der die Betreuung übernimmt/teilt

    Punkt Entgeltgleichheit und gute Löhne:



    Der bereinigte Gender-Pay-Gap beträgt ca. 6%. Ich bin jetzt kein Jurist, aber wenn ich weiß, dass mein männlicher Kollege für die gleiche Arbeit mehr Geld bekommt kann ich dies doch einklagen, oder nicht?

    Also das Sicherheit im öffentlichen Raum, Catcalling etc ein Problem sind, keine Frage. Aber Frauen haben deutlich häufiger als Männer einen akademischen Abschluss, sind also prädestiniert dafür einen "besseren" Job zu erhalten.

    www.destatis.de/DE...inhalt.html#234414

    Für sachliches Feedback wäre ich dankbar =) und schönen Frauentag an alle die ihn feiern

    • @Pawelko:

      Ihre N. ist wirklich rührend, Ihrem aufrichtigen Interesse nachgehend will ich versuchen Ihre Fragen zu beantworten…



      Punkt 1 & 2: Wieviel Ihrer männlichen Freunde und Bekannte teilen sich wirklich mit der Partnerin gerecht in die Care Arbeit oder anders gefragt, bei welchem ersten Date stellt mann gleich mal klar, dass mann sich (vielleicht) zu Beginn noch Mühe geben mag aber nicht im Traum daran denkt, sich für den Rest des Lebens neben der Arbeit auch noch um Kinder & Haushalt zu kümmern.



      Punkt 3: Nicht ohne Grund sind idR Gehälter in allen Firmen ein großes Tabu, nachdem ich zweimal erfahren habe, dass männliche Kollegen mehr verdienen & mein Recht gefordert habe, wurde ich entlassen – nennt sich Machtmissbrauch. Was nutzt das Einklagen, will frau da noch arbeiten, wo sie ab sofort mit Zielscheibe auf dem Rücken rumläuft?



      Punkt 4: Männer können leider ganz schlecht mit intelligenteren Kolleginnen umgehen, ergo wieder Zielscheibe auf dem Rücken, erst recht wenn sie auch noch besser verdient…



      Was das mit Catcalling zu tun hat erschließt sich nicht, außer, das bekommt jede Frau fast täglich gratis obendrauf und kann‘s etwa so gut gebrauchen wie einen Löffel bei der Messerstecherei.

      • @Ceridwen:

        Danke für Ihre sachliche Antwort.

        Tatsächlich habe ich ein sehr migrantisch geprägtes Umfeld (speziell Osteuropa)



        Ich will Ihnen offen und ehrlich antworten was ich gerade von den Frauen gehört habe.



        Sie wollen (zum Großteil, natürlich nicht alle) Hausfrau sein. Sie sind lieber Zuhause, kümmern sich um den Haushalt und Kinder und der Mann soll ins Büro oder in die Fabrik. Sie wollen da nicht selbst stundenlang Arbeiten. Die Männer machen ihre Form von Care Arbeit. Ist das Auto kaputt, kümmert sich der Mann. Fahrrad der Kinder kaputt. Mann. Versicherungen/Papierkram , Handwerksarbeiten. Mann. Auto waschen. Mann. Einkäufe schleppen, Frauen beschützen wenn man unterwegs ist (zugegeben, vor anderen Männern) ebenfalls der Mann. Und man heiratet doch nicht nach dem ersten Date und bekommt Kinder.

        Ich denke nicht, dass die meisten Männer ein Problem mit intelligenten Frauen haben. Ich kenne keinen der sagt "Ne, ich will lieber vom Arzt operiert werden, die Ärztin kann ihren Job nicht."

        Ihre Erfahrungen tun mir wirklich leid. Sowas darf natürlich nicht sein.

        Mit catcalling wollte ich nur verdeutlichen, dass ich durchaus sehe, dass es spezifische Probleme bei Frauen gibt.

        • @Pawelko:

          Auch ich danke 😊 was Sie schildern, skizziert eher das klassische Rollenbild. Ich spreche auch gar nicht ab, dass es viele Frauen gibt, die so denken, fühlen und sich ihr Lebensmodell so vorstellen. Aber es gibt eben auch viele die moderner leben, arbeiten, lieben, Kindern bekommen und alles unter den Hut bekommen möchten aber dabei oftmals der Unterstützung durch den Partner – vielleicht nicht von Anfang an – so doch oft im Lauf der Zeit versagen müssen. Die Zahl alleinerziehender Frauen als auch armutsbetroffener Frauen in Rente spricht eine viel zu deutliche Sprache, die nur der nicht hören will, der die Augen vor Tatsachen verschließen möchte. Dabei offenbart sich das, was ich manchmal den Fluch der Emanzipation nenne, denn der modernen Frau wird nicht mehr mit dem Einkauf geholfen und wird sie von anderen Männern angegriffen, drehen sich die, die helfen könnten weg… dabei geht’s mir nicht um Gentlemen sondern um ein rücksichtsvolles und achtsames Miteinander, das viel zu häufig auf der Strecke bleibt. Und leider ist eben auch der Grips für manche Männer ein Problem, vor allem wenn sich die Schlaue nicht dominieren und / oder flachlegen lässt.