Propaganda-Plattform des Kreml: Red ist russisch
Laut Bundesregierung steht hinter dem Medienportal Red Russland. Es bestehen enge Verbindungen zum staatlichen Propagandasender RT.
Mit Red wird das Verfahren erstmals im Falle von „ausländischer Informationsmanipulation“ angewendet. „Die Plattform wird eingesetzt, um in Deutschland Debatten zu manipulieren und so die Gesellschaft gezielt zu spalten“, sagt eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes der taz. Red gebe sich dabei als Plattform unabhängiger Journalist*innen aus.
„Dass Red personell und finanziell eng mit dem russischen Staatsmedium und Propagandainstrument RT verzahnt ist, wird den Nutzern verschwiegen.“
Im Oktober recherchierte die taz zu Red. Die Plattform präsentiert sich als „revolutionäres“ und bewegungsnahes Medium, berichtet in Deutschland von Demonstrationen und Besetzungen im linken Spektrum. Red dreht auch unkritische Interviews mit den Vertretern von Terrororganisationen wie Hamas, Hisbollah und Palestinian Islamic Jihad.
Gegründet wurde Red 2023 von Hüseyin Doğru. Im Impressum steht AFA Medya, ein Unternehmen, das scheinbar als Briefkastenfirma in Istanbul angemeldet wurde. Zuvor hat Doğru das RT-Medium Redfish betrieben – ein ähnliches Portal mit ähnlicher Zielgruppe.
Nach Sanktionen gegen sämtliche RT-Medien nach Russlands Großüberfall auf die Ukraine im Februar 2022 wurde Redfish eingestellt, mit der Auflösung war Doğru beauftragt. Er startete dann ein neues Projekt und benannte den Telegram-Kanal von Redfish in Red um. Auch weitere frühere Mitarbeiter*innen von Redfish wechselten zu Red. Red streitet bis heute ab, Verbindungen zu Russland zu haben.
Im Mai kündigte die EU als Folge von Putins Angriffskrieges auf die Ukraine weitere Sanktionen gegen Personen und Organisationen mit Verbindungen zu Russland an. Auch Doğru landete auf der Liste: Seine Bankkonten wurden eingefroren, gegen ihn wurde zudem ein Einreiseverbot in die EU verhängt, obwohl er in Berlin lebt und sich nach taz-Informationen noch hier aufhält.
Aufgelöst, aber noch online
Im selben Monat gab Red bekannt, dass die Plattform sich auflöse. Das sei „keine freiwillige Entscheidung“, schrieb Red in einem Statement. Sie komme nach einer „koordinierten Kampagne“, die von „einer unheiligen Allianz aus deutschen Medien, Journalisten, Gewerkschaftern und NGOs“ initiiert worden sei. Die Social-Media-Kanäle von Red würden jedoch von „Ehrenamtlichen“ weiterbetrieben, hieß es weiter. Bis heute ist die Website von Red noch online.
Trotz – oder wegen – der Nähe zu Russland halten einige linke Aktivist*innen und Gruppierungen weiterhin zu Doğru und Red.
Das zeigte sich auch am Donnerstag auf einer Veranstaltung der Jungen Welt in Berlin, die im Mai nach der angekündigten Lösung ein Interview mit Doğru sowie Auszüge des Red-Statements veröffentlichte. Um das „EU-Wahrheitsregime“ sollte es gehen und darum, was man tun könne, nachdem deutsche Journalisten auf der Russland-Sanktionsliste gelandet waren.
Vereint auf dem Podium saßen neben Nick Brauns von der Jungen Welt und Florian Warweg von den Nachdenkseiten auch Roberto de Lapuente vom Overton-Magazin und Tilo Gräser vom Magazin Hintergrund, dessen verantwortlicher Redakteur auch bei einem rechten Radiosender moderiert. Auch Doğru hätte sprechen sollen, aber ihm sei von seinen Anwälten abgeraten worden, hieß es vom Podium.
Begonnen wurde die Veranstaltung mit einem Einspieler von Alina Lipp, die aus dem Donbass berichtet, und von Thomas Röper, der sich gerade in Moskau befand. Beide wurden neben Doğru ebenfalls von der EU sanktioniert.
Die Fronten auf der Bühne waren klar: Russland werde zu Unrecht zum Bösewicht aufgebauscht, Deutschland und NATO seien kriegsgeil und die Sanktionierung von Lipp, Röper und Doğru eine Methode, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnere. (taz)
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