Prominente als Werbehelfer: Pirat macht als Rennfahrer Reklame
Unfreiwillig muss der Berliner Piraten-Abgeordnete Gerwald Claus-Brunner als Werbefigur für einen Autovermieter herhalten. Was ihn aber am meisten stört, ist ein fehlender Davidstern.
BERLIN taz | Gerwald Claus-Brunner nimmt es gelassen. Der Autovermieter Sixt benutzt den Berliner Abgeordneten der Piratenpartei in großen Zeitungsanzeigen als Werbefigur. „Total beliebt. Und keiner weiß warum“, so der Slogan unter der Abbildung des Politikers, der für seine orangefarbene Latzhose und ein um den Kopf gewickeltes Palästinensertuch bekannt ist. Neben der Abbildung eine Fotomontage des Piraten in Rennfahrermontur. Sie soll für ein Produkt des Autovermieters Reklame machen.
Claus-Brunner zeigte sich zwar verärgert über die Aktion, will aber nicht juristisch dagegen vorgehen. „Nun ist der Senf ja gedruckt“, schrieb er auf Twitter. Eine Klage würde seiner Partei keinen Gewinn bringen. Besonders stört Claus-Brunner aber, dass auf dem Bild seinen Angaben zufolge ein kleines Detail wegretuschiert worden ist: ein Davidstern.
Der Berliner Abgeordnete trägt einen kleinen Davidstern, ein Symbol des Judentums, um den Hals – als Ausgleich für das Palästinensertuch, wie er sagt. Seine Kopfbedeckung hatte im vergangenen Jahr scharfe Kritik hervorgerufen.
Unter anderem hatte sich Charlotte Knobloch, ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden, gegen das Tuch gewandt: „Ein Palästinensertuch steht unmissverständlich für Nationalismus, bewaffneten Kampf und Anti-Zionismus“, schrieb Knobloch in einem offenen Brief Anfang November letzten Jahres.
Prompt reagierte Claus-Brunner und zeigte sich der Öffentlichkeit mit Palästinensertuch und Davidstern. Die Kombination der beiden Symbole will er als Zeichen für einen Frieden im Krisengebiet Nahost verstanden wissen.
Der Autoverleiher wies den Vorwurf, er habe das Symbol von dem ursprünglichen Foto entfernt, zurück. Auch Claus-Brunner selbst gab Hinweise darauf, dass das Foto womöglich im Original keinen Davidstern zeigt. Auf Twitter ließ er wissen, dass das verwendete Foto „uralt“ sei, eventuell also aus einer Zeit stammt, zu der Claus-Brunner sich ohne Davidstern ablichten ließ.
Rechtlich zulässig
Dass der Autovermieter Prominente ohne ihren Willen als Werbefiguren einsetzt, hat Tradition. 2001 stattete die Werbeagentur des Unternehmens die CDU-Vorsitzende Angela Merkel mit einer Sturmfrisur aus, um für Miet-Cabrios zu werben. Auch Merkel verzichtete damals darauf, Sixt auf Schadensersatz zu verklagen.
Anders Oskar Lafontaine. Dieser ging juristisch gegen den Autoverleiher vor, nachdem Sixt seinen Rücktritt vom Amt des Bundesfinanzministers 1999 zum Anlass für eine Werbekampagne genommen hatte. Nach sieben Jahren Rechtsstreit musste Lafontaine im Jahr 2006 jedoch eine Niederlage einstecken.
Seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs gilt es unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig, Prominente für Werbezwecke abzubilden. Wenn die Werbung eine satirisch zugespitzte Aussage zu einem Ereignis von öffentlichem Interesse enthält und nicht ausschließlich dem Werbezweck dient, ist die Abbildung vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.
Dabei darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass sich der oder die Abgebildete mit dem Produkt identifiziere. Auch darf die Werbung die abgebildete Person nicht herabwürdigen. Ob aber unfreiwillige Sturmfrisuren, Rennfahrervisagen und andere Fotomontagen eine Herabwürdigung darstellen, bleibt eine Frage, die nur im Einzelfall beantwortet werden kann – zur Not vor Gericht.
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